Freitag, 27. Januar 2023

Wohnungsnot lindern! – Verantwortung der Kirchen

Beschluss des Hauptausschusses des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)

Angesichts der dramatischen Lage auf dem Wohnungsmarkt fordert die ZdK-Vollversammlung (Erz-)Bistümer, kirchliche Liegenschafts-verwaltungen, Pfarrgemeinden, kirchliche Wohnungsunternehmen, Caritasverbände und caritative Fachverbände, Ordensgemeinschaften sowie alle privaten Immobilien- und Grundstückseigentümer:innen auf, zu prüfen, welchen eigenen Beitrag sie durch ihre Immobilien und Grundstücke zur Linderung von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit leisten können.

Die ZdK-Vollversammlung fordert insbesondere die kirchlichen Akteure zu folgenden Maßnahmen auf:

 

  • Pläne für den Umgang mit solchen Immobilien zu erarbeiten und in Kraft zu setzen, die nicht mehr für Aufgaben der Pastoral oder der Verwaltung benötigt werden. Statt Immobilien in städtischen Ballungsräumen gegen Höchstgebot zu verkaufen, sollen Konzepte dafür entwickelt werden, ökologisch verträglichen Wohnraum, insbesondere bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die kirchlichen Akteure können die erforderlichen Maßnahmen selbst durchführen oder andere damit zu beauftragen.
  • Wohnungen in eigenen Immobilien zu einer festgelegten Quote an von Armut Betroffene zu vermieten.
  • Eigene bebaubare Grundstücke oder Gebäude dem sozialen Wohnungsbau selbst zu widmen oder diese der Caritas, deren Fachverbänden oder kirchlichen Siedlungswerken günstig für auf dem Wohnungsmarkt benachteiligte Gruppen zu überlassen.

 

Begründung:

Katholische Wohnungsunternehmen besitzen und verwalten Eigentums- und Mietwohnungen sowie Sozialwohnungen. Kirchen, ihre Wohlfahrts- und Fachverbände sowie die katholischen Siedlungswerke sind Eigentümer von Mietwohnungs- und Immobilienbeständen. Diese dienen, mancherorts in begehrten, innenstadtnahen Lagen, meist eigenen kirchlichen Zwecken (Seelsorge, Verwaltung, Dienstwohnungen), der sozialen und gesundheitlichen Versorgung, der Bildung aber auch der Vermögensanlage. Teilweise werden mit den Einkünften aus Immobilienbeständen nicht refinanzierte Angebote der sozialen Unterstützung finanziert. Gleichzeitig wird aber eine zunehmende Zahl dieser Bestände – dies gilt auch für Immobilien und Grundstücke der Ordensgemeinschaften - nicht mehr für die bisherigen kirchlichen Zwecke genutzt. Leerstehende Pfarrhäuser oder Gemeindehäuser brauchen neue Nutzungen. Im Weiteren gibt es auch zahlreiche unbebaute Flächen im kirchlichen Besitz, die für eine Wohnbebauung geeignet sind.

Darüber hinaus sind zwei Drittel aller Mietwohnungen in Deutschland im Eigentum von privaten Vermieter:innen, die vielfach nur eine oder wenige Wohnungen vermieten. Typischerweise sind dies ältere Menschen aus allen gesellschaftlichen Gruppen, die die Wohnungen als Geldanlage gekauft oder auch geerbt haben. Nicht immer haben sie die Mittel, die Möglichkeit oder sind aus anderen Gründen zurückhaltend, diese Wohnungen zu erhalten und zu vermieten. Insbesondere haben sie Bedenken, an armutsbetroffene Menschen zu vermieten. Mit Hilfe gezielter Werbung, Vermittlung und Unterstützung kann es gelingen, hier Wohnraum für Armutsbetroffene zu akquirieren (vgl. z.B. das Projekt „Kirchliche Wohnrauminitiative“ der Diözese Rottenburg-Stuttgart).

Der kirchlich-verbandliche und auch der private Immobilienbesitz bringt vielfältige Chancen und Verpflichtungen mit sich. Angesichts der aktuellen Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt müssen sich (Erz-)Bistümer, kirchliche Liegenschaftsverwaltungen, die Pfarrgemeinden, kirchliche Wohnungsunternehmen, Caritasverbände und caritative Fachverbände sowie Ordensgemeinschaften aber auch private Immobilienbesitzer:innen neu fragen, welche Optionen für sie selbst bestehen, um bezahlbares Wohnen zu einer realistischen Per-spektive für mehr Menschen zu machen. Sie können dazu beizutragen, dass Verdrängung und Segregation auch in „begehrten“ Städten und Gemeinden abnehmen und Vielfalt wieder Raum gewinnt.

Angesichts der dramatischen Lage auf dem Wohnungsmarkt fordert die ZdK-Vollversammlung (Erz-)Bistümer, kirchliche Liegenschafts-verwaltungen, Pfarrgemeinden, kirchliche Wohnungsunternehmen, Caritasverbände und caritative Fachverbände, Ordensgemeinschaften sowie alle privaten Immobilien- und Grundstückseigentümer:innen auf, zu prüfen, welchen eigenen Beitrag sie durch ihre Immobilien und Grundstücke zur Linderung von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit leisten können.

Hauptausschuss des Zentralkomitees der deutschen Katholiken