Freitag, 18. November 2016
Anstehende Rentenreform muss Altersarmut vorbeugen und Lebensstandardsicherung ermöglichen
Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 18./19. November 2016
ZdK legt sozialethischen Kompass für Reformpläne vor
Rentenreformen müssen sich nach Überzeugung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) an einem sozialethischen Kompass orientieren, der den Maßstäben von Solidarität und Subsidiarität sowie der Generationen-, Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit gerecht wird.
In einer von der Vollversammlung am Freitag, den 18.November 2016, in Bonn-Bad Godesberg verabschiedeten Erklärung mit dem Titel "Generationengerechtigkeit, Solidarität und Eigenvorsorge – Sozialethische Anforderungen an eine Alterssicherung in der Lebens- und Arbeitswelt von morgen" setzt sich das ZdK für eine Reform des Rentensystems ein, die sich an dem Ziel orientiert, für möglichst viele Menschen Altersarmut zu verhindern und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihren erarbeiteten Lebensstandard zu sichern.
Nur so könne das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Alterssicherungssysteme erhalten bleiben, so das ZdK. Die wachsenden Sorgen vor Altersarmut und abnehmendem Lebensstandard im Alter müssten unbedingt ernstgenommen werden. Vor allem die jüngeren Generationen seien hier betroffen und weniger die heutigen Rentnerinnen und Rentner oder die rentennahen Jahrgänge. Daher fordert das ZdK, die Rentenreform besonders auf die veränderten Bedingungen der Lebens- und Arbeitswelt im 21. Jahrhundert auszurichten.
Vor diesem Hintergrund stellt das ZdK konkrete Forderungen.
Im Sinne der Subsidiarität müsse es sich weiterhin lohnen, Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Das System verliere seine Legitimität, wenn langjährige Versicherte mit durchschnittlichen Beitragszahlungen im Rentenalter Leistungen aus der staatlichen Grundsicherung beziehen müssen und somit anderen gleichgestellt werden, die kaum für ihr Alter vorgesorgt haben.
Das ZdK macht sich zudem für die Zusicherung eines Mindestrentenniveaus über das bisher festgelegte Jahr 2030 hinaus stark, um auch für die jüngeren Generationen ein verlässliches Einkommen im Alter zu sichern und ihre Bereitschaft zu erhalten, weiterhin in die Rentenversicherung einzuzahlen. Zugleich müssten dabei aber die Grenzen der Belastbarkeit durch Sozialversicherungsbeiträge unbedingt beachtet werden.
Das ZdK befürwortet die vorgenommene Anhebung des Renteneintrittsalters bis 2030 auf 67 Jahre und spricht sich für die kontinuierliche Prüfung einer weiteren Erhöhung unter Berücksichtigung der veränderten Lebenserwartung aus. Voraussetzung dafür sei, dass die Menschen auch bis zum Renteneintritt am Erwerbsleben teilnehmen können. Dazu brauche es auch eine altersgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen.
Zur Vermeidung von Altersarmut und Grundsicherungsbezug fordert das ZdK eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige einzuführen, die bisher nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen oder über berufsständische Versorgungswerke abgesichert sind. Generell sei es an der Zeit, die Pflicht zur Altersvorsorge auszudehnen. Dazu gehöre die Verbreiterung des Versichertenkreises in der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle selbstständigen und nicht selbstständigen erwerbstätigen Frauen und Männer, um dem Solidarpakt wieder eine beständige Basis zu geben.
Das ZdK begrüßt außerdem die Einführung der kürzlich beschlossenen sog. Flexi-Rente und somit die Möglichkeit, parallel zum Rentenbezug zusätzliche Rentenanwartschaften bei fortgesetzter Erwerbstätigkeit zu erhalten. Zugleich fordert das ZdK eine zeitnahe gesetzliche Initiative, um auch eine Steigerung der Rentenanwartschaften für pflegende Angehörige zu ermöglichen, die während ihres Rentenbezugs Pflegearbeit leisten.
Zur verbesserten Anerkennung von Familienarbeit und Kindererziehung spricht sich das ZdK dafür aus, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes stärker im Rentensystem zu berücksichtigen. Konkret fordert das ZdK eine Entlastung der heute unterhaltspflichtigen Familien bei den Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Anerkennung von drei Kindererziehungsjahren für jedes Kind in der Rente. Die dadurch entstehenden Mehrkosten müssen durch zusätzliche Steuermittel finanziert werden. Zudem befürwortet das ZdK ein permanentes Rentenanwartschaftssplitting während bestehender Ehe oder eingetragener Lebenspartnerschaft.
Des Weiteren plädiert das ZdK für eine stärkere soziale Ausgewogenheit bei der betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Niedriglohnbezieher oder Beschäftigte kleinerer und mittlerer Betriebe dürfen bei der betrieblichen Altersvorsorge nicht benachteiligt sein. Insbesondere Geringverdienende müssten zukünftig über staatliche Zuschüsse und steuerliche Förderung attraktive Möglichkeiten zur privaten Altersvorsorge haben. Hier seien insbesondere die Tarifparteien in der Pflicht.
Die Grundsicherung im Alter bewertet das ZdK als letzte Auffangmöglichkeit im gesamten Alterssicherungssystem. Zugleich müsse die Grundsicherung im Alter den Betroffenen ein Leben in Würde und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Notwendige Anpassungen sieht das ZdK hier bei der Anrechnung von Sicherungsleistungen aus der betrieblichen und privaten Altersvorsorge sowie bei der konkreten Ausgestaltung des Schonvermögens.