Freitag, 19. Juni 2009
Entscheidung des Bundestages zu Patientenverfügungen: ZdK-Sprecher würdigt verantwortungsvolle Debatte
Mit Blick auf die Entscheidung des Deutschen Bundestages über ein Gesetz für Patientenverfügungen am 18. Juni 2009 würdigte der Vorsitzende der Arbeitsgruppe "Patientenverfügungen" des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, das verantwortungsvolle Eintreten der Bundestagsabgeordneten für eine gesetzliche Regelung. Lob-Hüdepohl sagte vor dem Hauptausschuss des ZdK am Freitag, dem 19. Juni 2009, das Bemühen der Abgeordneten um eine gesetzliche Regelung während der vergangenen sechs Jahre sei geleitet gewesen vom Bestreben, Rechtssicherheit für Sterbende und deren Angehörige zu schaffen. Dieser intensive Einsatz verdiene Anerkennung und Wertschätzung. Um die gewichtigen Fragen zu Leben und Sterben sei in sehr besonnener, sensibler Weise gerungen worden.
Lob-Hüdepohl beklagt jedoch eine automatische Gleichsetzung von Patientenverfügung und aktuellem Willen, die der angenommene Stünker-Gesetzentwurf vorsehe. Das ZdK habe sich stets gegen eine solche Gleichsetzung ausgesprochen, da eine vorausverfügte Willenserklärung nicht automatisch identisch sei mit dem aktuellen Willen des Patienten. Insbesondere umfasse die Patientenautonomie die Selbstbestimmung des Patienten und die Fürsorge für ihn. "Die Patientenautonomie kann nicht isoliert und losgelöst von menschlichen Bezügen verstanden werden", so Lob-Hüdepohl. So werde der Patientenautonomie erst mit Hilfe des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Angehörigen, Ärzten, Bevollmächtigten oder Betreuern umfassend Rechnung getragen. Daher müsse im konkreten Fall genau geprüft werden, ob eine Patientenverfügung auch tatsächlich auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffe.
Lob-Hüdepohl wies darauf hin, dass nach der auch weiterhin geltenden Rechtslage jede geschäftsfähige Person per Vorsorgevollmacht einen Bevollmächtigten benennen kann, der im Falle der Einwilligungsunfähigkeit Entscheidungen über medizinische Maßnahmen trifft bzw. per Betreuungsverfügung Wünsche hinsichtlich der Person des Betreuers sowie der Betreuung äußern kann. Die Möglichkeit der Einflussnahme von Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung werde nach wie vor unterschätzt, obwohl ihnen eine sehr große Bedeutung zukomme – als entscheidendem Ausdruck der Patientenautonomie.
Positiv bewerte er, dass das Gesetzgebungsverfahren zu einer bedeutenden Bewusstseinsänderung für eine Kultur würdigen Sterbens geführt habe: "Die Debatten der vergangenen Jahre haben die öffentlichen Diskussionen bereichert sowie eine Enttabuisierung von Sterben und Tod in der Gesellschaft bewirkt", so Lob-Hüdepohl. Menschen seien bewegt worden, sich mit ihrem eigenen Tod auseinanderzusetzen und Vorsorge zu treffen. Besonders hervorzuheben sei, dass alle eingebrachten Gesetzentwürfe der aktiven Sterbehilfe eine klare Absage erteilt hätten. Diese Einigkeit in der Kontroverse sei ein wichtiges Signal für einen menschenwürdigen Umgang mit Schwerkranken und die Begleitung von Sterbenden.
Im Übrigen habe das ZdK immer betont, dass es in der Debatte um Patientenverfügungen um weit mehr gehen müsse – um ein Leben und Sterben in Würde. Daher spreche sich das ZdK deutlich für den Ausbau der Palliativmedizin aus. Zu begrüßen sei in diesem Zusammenhang der Gesetzentwurf "Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus", der die Aufnahme der Palliativmedizin als Pflicht- und Prüfungsfach im Rahmen des Medizinstudiums in die Approbationsordnung für Ärzte vorsieht und am 19. Juni 2009 im Bundestag zur Abstimmung steht.