Salzkörner

Donnerstag, 23. August 2018

"Es ist ein Comité zu wählen …"

Vor 150 Jahren wurde in Bamberg das ZdK gegründet

"Einen lieblicheren Ort, so scheint es mir, hat die Generalversammlung der Katholiken Deutschlands noch niemals gefunden, als dieses Jahr, da sie in Bamberg tagt." In spätromantischem Überschwang pries der Mainzer Domkapitular (!) Haffner den Austragungsort für den 19. Deutschen Katholikentag, an dessen Ende – am Mittwoch, den 3. September 1868, kurz nach acht Uhr morgens – ein für das katholische Deutschland bis heute wirksamer Beschluss stand: die Einrichtung eines "Central-Comités".

Wenn man den "Amtlichen Bericht" dieser "General-Versammlung der katholischen Vereine der deutschen Länder", wie die Katholikentage damals noch hießen, durchblättert, ist man überrascht, nirgendwo einen Hinweis auf dieses historische Ereignis zu finden. Auf eine Fährte stößt erst, wer die Anträge liest, die damals zur Beratung anstanden: "Es wolle ein bleibender Ausschuß … gebildet werden durch Wahl je eines Mannes pro Diöcese", forderte Pfarrer (!) Steinlein aus Niederahr, "welches als Direktorium die laufenden Geschäfte zu leiten habe" und bedarfsweise auch zwischen den Generalversammlungen die Aufgaben eines Hauptausschusses wahrnehmen könne. Auch sollte es möglich sein, den Kreis "durch Cooptation noch zweier oder dreier Männer pro Diöcese" zu erweitern. Wäre die Versammlung diesem Antrag gefolgt, hätte der deutsche Vereinskatholizismus ab 1868 ein breit vernetztes und repräsentatives Leitungsgremium bekommen. Doch es kam zunächst anders: Dr. Franz Hülskamp aus Münster schwebte nur "ein ständiges Comité, welches aus fünf Personen – Geistlichen und Laien – besteht" vor, das in jeder Generalversammlung neu zu wählen sei. Sein Antrag enthielt einen sehr differenzierten Katalog von Aufgaben und Zuständigkeiten, wobei es auch hier in erster Linie um eine Verbesserung der Vor- und Nachbereitung der Katholikentage ging. Bis dato hatte es an den allein zuständigen lokalen Komitees immer wieder Kritik gegeben, die Hülskamp selbst so formulierte: "Es ist eine alte Klage, daß wir sehr viel sprechen und sehr wenig thun." Und er fügte noch spöttisch hinzu: "Das betreffende Vorbereitungs-Comité freut sich in der Regel, wenn die Versammlung vorbei ist und schläft dann ruhig ein." Die Versammlung selbst allerdings schenkte dem Thema zunächst wenig Aufmerksamkeit. Eine erste Ausschusssitzung "wo außer dem Bureau zwei Personen anwesend waren; allmählich steigerte sich die Anzahl der Anwesenden auf vier", wurde mangels Beschlussfähigkeit sogleich wieder geschlossen. Am folgenden Tag nahm die Sache dann allerdings Fahrt auf, als der vorliegende Hülskamp-Antrag plötzlich um einen neuen zweiten Absatz erweitert wurde, der es in sich hatte: "Dieses Comité hat die Aufgabe, der XX. Generalversammlung einen vollständigen durchgearbeiteten Plan zur Organisation der katholischen Partei Deutschlands vorzulegen." Eine katholische Partei! Jetzt schlugen die Wogen hoch, denn was für die einen wie ein Schlachtruf klang, erschien den anderen als sicherer Weg ins Verderben. In geschliffenen Rededuellen bekämpften sich Gegner und Befürworter dieser Idee über zwei Tage hinweg. Die einen befürchteten mit Verweis auf die geltenden staatlichen Gesetze ein sofortiges Verbot mit weitreichenden Folgen für das gesamte Vereinswesen. Die anderen hielten dagegen: "Unsere Macht müssen wir einsetzen und gerade, weil wir die Macht nötig haben, müssen wir uns organisieren, sonst allerdings wird uns auch das Wenige genommen, was wir bis jetzt besitzen." Schließlich entschied man sich, zunächst einmal das Comité zu gründen und diesem dann die gründliche Prüfung einer möglichen Partei-Gründung zu übertragen. Im Folgejahr wollte man dann darauf zurückkommen. Der weise Vorschlag stammte von Fürst Karl zu Löwenstein. Zum Dank dafür wählte man ihn anderentags prompt zum Präsidenten des – noch zur Probe auf ein Jahr bestellten – ersten Central-Comités.

 

 

 

 

Autor: Dr. Thomas Großmann Leiter der ZdK-Arbeitsgruppe Katholikentage und Großveranstaltungen und des Studienreferates

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