Salzkörner
Freitag, 16. Dezember 2016
Eine synodale Kirche werden?
Mit Papst Franziskus die Kirche neu sehen
Zwischen dem Wesen von "Synodalität" im Sinne der Bestimmung einer geistlichen Haltung auf der einen Seite und den spezifischen Formen eines Ereignisses – einer Synode beispielsweise auf diözesaner oder nationaler Ebene – gilt es zu unterscheiden:
Synodalität meint begrifflich: einen Weg gemeinsam gehen. Als getaufte und geistbegabte Menschen gehen Christinnen und Christen gemeinsam auf einem Weg von der Zeit in die Ewigkeit. Christenmenschen leben eine Existenz auf dem Weg – wandernd immerzu wie Jesus in seiner Zeit in Galiläa und Judäa, gemeinsam miteinander unterwegs als Volk Gottes, begleitet dabei vom lebendigen Heiligen Geist. In diesem viatorischen Dasein des Menschen (via lateinisch für "Weg") ist es eine angemessene geistliche Grundhaltung, sich in den eigenen Lebensprozessen von anderen Menschen trösten, aufrichten, beraten und zur Umkehr rufen zu lassen.
Synoden hingegen sind vereinbarte Gesprächsformen. In ihnen werden kirchliche Handlungsweisen und Verantwortlichkeiten besprochen. Bei diözesanen und nationalen Synoden sind kirchenrechtlich vorgegebene Bestimmungen zu beachten. Gesprächsprozesse, Foren und andere Formen des Dialogs können sich eine offenere und freier zu gestaltende Geschäftsordnung geben.
Erfahrungen bei synodalen Prozessen
Das 2. Vatikanische Konzil setzte sich für eine Stärkung der synodalen Beratungen in der Kirche ein: "Diese Heilige Ökumenische Synode wünscht, dass die ehrwürdigen Einrichtungen der Synoden und Konzilien mit neuer Kraft aufblühen; dadurch soll besser und wirksamer für das Wachstum des Glaubens und die Erhaltung der Disziplin in den verschiedenen Kirchen, entsprechend den Gegebenheiten der Zeit, gesorgt werden" (2. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche, "Christus Dominus", Nr. 36).
Bei den Reflexionen über die synodalen Beratungen nach dem 2. Vatikanischen Konzil sind von kirchlich engagierten Christinnen und Christen neben Aspekten der Zustimmung auch Problemanzeigen formuliert worden. Formale und inhaltliche Aspekte lassen sich dabei zwar unterscheiden, jedoch letztlich nicht voneinander trennen.
Im Blick auf die Gestalt synodaler Beratungen stellen sich folgende kritische Fragen: Welche Möglichkeiten zu einer entscheidungsrelevanten Partizipation von Laien gibt es bei der Initiierung, der Vorbereitung, der Durchführung und der Ergebnissicherung synodaler Prozesse? Wer entscheidet im Hinblick auf die Auswahl der Personen, die als Synodale berufen werden? Sind ergebnisoffene Kommunikationsprozesse vorgesehen? Gibt es eine von den kirchenamtlich Verantwortlichen unabhängige Prozessbeobachtung? Sind transparente Regularien zur Begleitung von Konflikten vereinbart? Wer verantwortet die öffentliche, medial zugängliche Präsentation des synodalen Prozesses? Welcher Umgang mit nach den Beratungen noch verbleibenden Kontroversen ist vorgesehen? Werden verbindliche Vereinbarungen zur Fortsetzung der Gespräche getroffen?
Zu den Themen, die viele der kirchlich engagierten Menschen heute ergebnisoffen unter synodalen Rahmenbedingungen besprechen möchten, gehören vor allem:
(1) der Zuschnitt der pastoralen Räume in Achtung der Ämter von ordinierten und nicht-ordinierten getauften Christinnen und Christen;
(2) die Diskrepanz zwischen der römisch-katholischen Lehre und der gelebten Praxis im Blick auf das Beziehungsleben der Menschen mit seinen biographisch bedingten Wandlungen;
(3) Wege, die bei der Suche nach Gott unter missionarischer Perspektive hilfreich sind;
(4) neue Formen der Liturgie, die einladend auf Menschen wirken;
(5) die diakonische Dimension kirchlicher Existenz;
(6) Fragen der christlichen Ökumene und des interreligiösen Dialogs;
(7) die sozial-politische und ökologische Verantwortung der christlichen Gemeinden.
Der Beschluss des ZdK über "Synodalität" im November 2016
Das ZdK ist seit seiner Gründung im 19. Jahrhundert eine Institution, die große Erwartungen mit synodalen Prozessen in der römisch-katholischen Kirche verbindet. Der jüngste Beschluss zur Sache steht in einer langen Tradition, die durch ein hohes Zutrauen zur Bedeutung der Stimmen der Laien in gesellschaftlichen und religiösen Themenbereichen geprägt ist. Die Katholikentage verstehen sich als ein Ort des kritischen Dialogs. An der Würzburger Synode (1971-75), ihren Beratungen und Beschlüssen, hat das ZdK intensiv mitgewirkt. Die "Gemeinsame Konferenz" zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZdK wurde im Anschluss an die Würzburger Synode begründet, um einen stetigen Ort des Austauschs über Themen zu gestalten, bei denen Laien wie Bischöfe Kenntnisse, Erfahrungen und Anliegen haben. Immer wieder hat das ZdK die Bedeutung der authentischen und offenen Gesprächskultur in der römisch-katholischen Kirche angemahnt – beispielsweise auch in dem Dokument "Dialog statt Dialogverweigerung" zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts.
Der Beschluss vom 19. November 2016, der vom Ständigen Arbeitskreis im Sachbereich "Pastorale Grundfragen" des ZdK vorbereitet wurde, trägt den Titel "Synodalität. Strukturprinzip kirchlichen Handelns". Er hat drei Teile, die sich an der bewährten Unterscheidung von Sehen – Urteilen – Handeln orientieren:
Teil 1 beschreibt die Aktualität der Thematik. Sehen auf die Wirklichkeit meint: Eine Erinnerung an die vielen synodalen Prozesse nach dem 2. Vatikanischen Konzil geschieht. Bei der Wahrnehmung darf nicht aus dem Blick geraten, dass viele Menschen in der politischen Öffentlichkeit Formen der Teilhabe an Entscheidungsfindungsprozessen einüben.
Teil 2 versucht eine knappe theologische Grundlegung. Eine schöpfungstheologische Begründung der Partizipation des Menschen an der Verantwortung Gottes für das irdische Leben wird gegeben. Tauftheologische Aspekte werden erinnert. Eine kurze Auskunft über die wechselvolle Geschichte des Synodalwesens geschieht – auch unter ökumenischer Perspektive. Bedeutsam ist der Hinweis auf den "sensus fidelium" – auf den unfehlbaren Glaubenssinn der Gläubigen im Sinne des 2. Vatikanischen Konzils. Dieser Glaubenssinn bezieht sich nicht nur auf gesellschaftspolitische oder wirtschaftspolitische Themenbereiche – auch bei Fragen der Pastoral sind alle Getauften von den Bischöfen zumindest anzuhören.
Teil 3 ist als eine Selbstpositionierung des ZdK im Hinblick auf die weiteren Gespräche beispielsweise mit Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz zu verstehen. Auch intern im ZdK ist im Hinblick auf Synodalität noch manches zu besprechen – in aller Offenheit. Handeln ist angesagt. Voten werden formuliert – darunter die stärkere Partizipation des gesamten (betroffenen) Gottesvolks an der Wahl eines Ortsbischofs oder die Forderung nach einem Gremium, in dem Vertreter der Bischofskonferenz und gewählte Delegierte aus dem ZdK gemeinsam verantwortlich Vorgänge planen, gestalten und reflektieren.
Fazit
Das ZdK hat eine Standortbestimmung in der Thematik "Synodale Kirche" vorgenommen. Ausgehend von diesem Standort sind nach der Beschlussfassung Gespräche mit allen Verantwortlichen für das kirchliche Handeln im Pastoralraum Deutschland zu führen.