Salzkörner

Donnerstag, 28. März 2013

Ethisches Investment gewinnt an Relevanz

Kirche auf der Suche nach dem richtigen Weg

 

Ethisches Investment heißt, kein Geld durch die Schädigung anderer oder durch sündhafte Aktivitäten zu verdienen. Das gilt gerade auch für die Kirchen als bedeutende Investoren.

 

Die Bedeutung des ethischen Investments hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders auffallend ist das Wachstum ethischer und nachhaltiger Geldanlagen seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008. Laut dem Bericht der Global Sustainable Investment Alliance (Zusammenschluss von Foren für Nachhaltige Geldanlage der EU, der USA, Asiens, Australiens, Kanadas sowie als Beobachter Afrika, mit Ausnahme Lateinamerikas) waren im Jahr 2012 weltweit 13,6 Billionen US-Dollar nach ethischen oder nachhaltigen Kriterien angelegt, 65 % davon in Europa. Die Untersuchungen beziehen sich allerdings auf Selbstaussagen von Fondmanagern und Finanzinstituten und es gibt eine große Bandbreite dessen, was als "ethisch" bezeichnet wird.

 

Gemäß diesem ersten globalen Bericht werden Geldanlagen erfasst, die nach ökologischen, sozialen oder Governancekriterien ausgewählt werden. Unter Governancekriterien versteht man positiv gesehen Unternehmen, die sich durch eine gute Unternehmensführung auszeichnen, oder negativ den Ausschluss von Unternehmen, die sich etwa korrupt verhalten. In Deutschland haben sich zum Beispiel die Investments, die Streumunition ausschließen, von 2009 bis 2011 fast verhundertfacht, da einige große Kapitalanlagegesellschaften dieses Kriterium nun auf alle von ihnen angebotenen Fonds anwenden. Somit werden auch alle ihre Fonds dem ethischen Investment zugerechnet. Es ist daher bei den hohen Zahlen für ethische Investments zu berücksichtigen, dass die Kriterien nicht einheitlich sind, nicht immer extern überprüft werden und manchmal nur ein Kriterium angewandt wird. Dennoch ist das Anlagevolumen, bei dem auf die eine oder andere Weise ethische Maßstäbe berücksichtigt werden, sehr beachtlich. In Deutschland lag es Ende 2011 unter Einschluss aller Fonds bei 662,4 Milliarden Euro. Ohne die Fonds, die nur das Kriterium des Verbots der Herstellung von Streumunition beinhalten, lag das Anlagevolumen jedoch nur bei 63 Milliarden Euro und erreichte damit einen Anteil von 1,2 % aller Geldanlagen.

Umsetzung in katholischen Einrichtungen

Auch bei katholischen Kirchenbanken, in Diözesen, Pfarrgemeinden, bei Organisationen, Verbänden und Orden wächst die Bedeutung des ethischen Investments. Viele Orden legen schon seit mehreren Jahrzehnten ethische Kriterien an, um ihre Anlageentscheidungen zu treffen. Bei anderen entwickelten sich dieses Bewusstsein und eine entsprechende Umsetzung in die Praxis erst in den letzten Jahren. Die Finanzkrise haben viele Anleger zum Anlass genommen, um über ihr Anlageverhalten nachzudenken. Zumal die Erfahrung derer, die schon länger ethische Kriterien anwenden, belegt, dass die Rendite langfristig in der Regel etwa gleich hoch ist wie bei anderen Anlagen; Krisen aber übersteht man mit ethischen Investments sogar besser.

 

Hinzu kommt dabei auch ein gutes Gewissen – das wurde beim Fachgespräch zum Thema "Ethisches Investment in der katholischen Kirche" deutlich, zu dem das ZdK im Januar 2013 nach Köln eingeladen hatte.

Bereits 2003 hatte das ZdK die Erklärung "Internationale Finanzmärkte – Gerechtigkeit braucht Regeln" herausgegeben und 2007 – noch vor der Finanzkrise – eine Handreichung zum Thema "Ethisches Investment für private und kirchliche Anleger" veröffentlicht. In dieser Handreichung wird empfohlen, Anlageentscheidungen an den christlichen Werten Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung auszurichten. Diesen Werten werden weitergehende Kriterien zugeordnet.

Bei dem Fachgespräch im Januar 2013 tauschten sich die Verantwortlichen nun über den aktuellen Stand der Umsetzung des ethischen Investments in der katholischen Kirche und weitere Perspektiven aus. Die Expertise der evangelischen Schwesterkirchen wurde ebenfalls einbezogen.

 

Es wurde klar, dass viele Institutionen bereits auf einem guten Weg sind. Bei katholischen Einrichtungen gehören, wie im Bericht der Global Sustainable Investment Alliance beschrieben, die folgenden Elemente zum ethischen Anlagenmanagement dazu:

  • Positivkriterien: Es werden Listen von Kriterien aufgestellt, die erfüllt werden müssen, damit eine Geldanlage überhaupt in Frage kommt, wie z. B. Beachtung der Menschenrechte
  • Negativkriterien als Ausschlusskriterien, wie z. B. Rüstungsproduktion, Pornographie
  • Best in Class Ansätze: es werden jeweils die Besten einer Branche ausgewählt
  • Themeninvestments, z. B. Anlagen in erneuerbare Energien
  • Anlagestrategien, die ökologische, soziale und Governancekriterien integrieren
  • Stimmrechtsausübung und aktives Engagement z. B. der Dialog mit Unternehmen
  • Soziales Investment, d. h. Investitionen, die ein soziales Problem lösen und
  • Mikrofinanz, z. B. eine Geldanlage bei Oikocredit.

 

Auch in der katholischen Kirche gibt es eine Bandbreite von Kriterien und Unterschiede in der Umsetzung. Bei Positiv- und Negativkriterien kommt die Frage hinzu, ob die Kriterien zu 100 % erfüllt sein müssen oder ob es ausreicht, wenn die Kriterien zu 90 bzw. 95 % erfüllt sind. Diese Einschränkungen nehmen einige Organisationen vor, weil viele Unternehmen heute eine Vielfalt an Produkten herstellen oder vertreiben und sich die Produktpalette durch Kauf- und Verkaufsentscheidungen oftmals verändert.

Einige katholische Organisationen und Orden nutzen auch die Möglichkeit, ihr Stimmrecht auszuüben oder als aktive Aktionäre auf die Unternehmensvorstände zuzugehen und aus christlicher Perspektive Wünsche an das Verhalten der Unternehmen zu richten. Manchmal sind in diesem Bereich vertrauliche Gespräche erfolgversprechender als öffentliche Kritik oder Druck.

 

Wichtig ist für kirchliche Organisationen vor allem die Glaubwürdigkeit. Die Kirche als Anlegerin von Geld und Pensionsrücklagen muss ihre eigenen Werte beachten und darf nicht in Widerspruch zu kirchlichen Äußerungen geraten. Es sollte also kein Geld durch die Schädigung anderer oder durch sündhafte Aktivitäten verdient werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es vielfältige wirtschaftliche Beziehungen der Akteure gibt und somit Banken und Staaten sowohl gute als auch ethisch fragwürdige Aktivitäten fördern können. Daher sind auch Staatsanleihen grundsätzlich ethisch zu hinterfragen.

Perspektiven

Das Fachgespräch im Januar 2013 hat gezeigt, dass viele einzelne Akteure bereits gute Ansätze für eine Anlagestrategie nach ethischen Kriterien entwickelt haben. Es scheint jedoch an einer gemeinsamen Plattform und Vernetzungsstruktur für die verantwortlichen Akteure zu fehlen, die die ethische Anlagepraxis in der katholischen Kirche voranbringen könnten. Die teilnehmenden Finanzverantwortlichen aus Diözesen, Organisationen, Verbänden, Orden, Kirchenbanken und Pensionskassen äußerten großes Interesse, sich auf Basis der gemeinsamen christlichen Werte auszutauschen und beispielsweise einen gemeinsamen freiwilligen Leitfaden oder gemeinsame Ziele für differenzierte Umsetzungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Es gab auch erste Überlegungen, inwieweit beispielsweise mehrere Diözesen, Orden und andere Organisationen gemeinsam in den Dialog mit Unternehmen treten können, um das Gewicht der gemeinsamen Argumente und Anliegen zu erhöhen und Veränderungen in der Unternehmenspolitik zu bewirken. Jetzt kommt es darauf an, das eigene Engagement fortzusetzen, die Ideen zu gemeinsamen Initiativen aufzugreifen und in die Praxis umzusetzen.

 

"Das könnte auch wieder zu einem positiveren Image der katholischen Kirche in der Öffentlichkeit führen", fasste Peter Weiß, Sprecher des Sachbereichs für Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit im ZdK, die Hoffnungen vieler zusammen.

 

Die Erklärung des ZdK "Internationale Finanzmärkte –
Gerechtigkeit braucht Regeln" finden Sie unter
http://www.zdk.de/veroeffentlichungen/erklaerungen/8/

 

Die ZdK-Handreichung finden Sie unter: http://www.zdk.de/veroeffentlichungen/erklaerungen/detail/Ethisches-Investment-Mit-Geldanlagen-Verantwortung-wahrnehmen--162T/

 

Autor: Brigitta Herrmann , Professorin für Globalisierung, Entwicklungspo- litik und Ethik an der Cologne Business School und Mitglied des ZdK

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