Salzkörner

Montag, 12. April 2021

Kirchliches Datenschutzrecht

GKP bringt Vorschläge zur Evaluierung ein

Vor drei Jahren war die Aufregung groß: Von der weiteren Öffentlichkeit unbemerkt ist nach Jahren der Vorbereitung die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wirksam geworden. Zugleich traten auch im Bereich der großen Kirchen eigene, an die DSGVO angelehnte Datenschutzgesetze in Kraft – diese sogar ganz ohne eine Beteiligung der kirchlichen Öffentlichkeit an der Entstehung.

Nun, nach drei Jahren, steht die im Gesetz über den kirchlichen Datenschutz (KDG) vorgesehene Evaluierung des Regelwerks an. Die Evaluierung in den Fachgremien des Verbands der Diözesen Deutschlands ist zwar seit dem vergangenen Jahr im Gang, öffentlich gemacht wurde davon aber bisher nichts. Eine formelle Verbändebeteiligung wie in der staatlichen Gesetzgebung ist innerhalb der kirchlichen Gesetzgebung ohnehin bisher weitgehend unbekannt. Dabei ist Datenschutz trotz der komplizierten  Rechtsmaterie  längst kein Thema mehr nur für Fachleute: Auch kirchliche Vereine und Verbände  sind an die  Regelungen gebunden. Gerade in Deutschland hat es der Gesetzgeber versäumt, im Bereich des Presserechts und der Meinungsfreiheit, wo  der nationale Gesetzgeber eine Öffnungsklausel der DSGVO ausfüllen müsste, tätig zu werden. Rechtsunsicherheit nicht nur für Medienschaffende ist die Folge. Derartige praktische Probleme und Bürokratie sorgen dafür, dass das wichtige Anliegen von Datenschutz als Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung in der Öffentlichkeit auf Abwehr stößt.

Der Spielraum der kirchlichen Gesetzgeber, diese Probleme selbst anzugehen, ist äußerst begrenzt. Zwar enthält die DSGVO eine Öffnungsklausel, die es Religionsgemeinschaften erlaubt, unter bestimmten Bedingungen eigenes Datenschutzrecht anzuwenden. Zu diesen Bedingungen gehört aber die Anforderung eines „Einklangs“ mit den grundsätzlichen Wertungen der DSGVO. Vieles, über das Vereine und Verbände klagen, kann daher nur durch die  EU verändert werden. Gerade im Medienbereich, wo die Zuständigkeit nicht bei der EU liegt, gibt es aber auch für die kirchlichen Gesetzgeber einen großen Spielraum. Die Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP) hat sich daher auf eigene Initiative in die Evaluierung des KDG eingebracht. In einer  umfangreichen  Stellungnahme liegt dabei der Schwerpunkt auf einer pragmatischen, rechtssicheren und europarechtskonformen Neufassung des sogenannten Medienprivilegs (§ 55 KDG), das Datenverarbeitung durch die Medien reguliert.

Bisher beschränkt sich diese Norm wie ihre Pendants in den Gesetzen von Bund und Ländern darauf, Journalismus im engeren Sinn zu privilegieren. Die die DSGVO erläuternden Erwägungsgründe betonen aber, dass die Regeln zum Schutz von Presse- und Meinungsfreiheit weit auszugestalten sind, da die heutige Medienwelt nicht mehr nur durch klassische Presseerzeugnisse geprägt ist. Auch Bürger*innen-Journalismus in Blogs, Verbandszeitschriften und Äußerungen einzelner in sozialen Medien gehören zur demokratischen Öffentlichkeit und bedürfen ähnlicher Spielräume wie die professionelle Presse. Darauf zielen die Vorschläge der GKP. Profitieren würden dabei vor allem Gemeinde- und Verbandspublikationen, die bisher nicht von den umfangreichen Pflichten des Datenschutzrechts ausgenommen sind.

Auch darüber hinaus plädiert die Stellungnahme, die Anfang März an die zuständigen Gremien  übergeben  wurde, für eine explizite Berücksichtigung der Belange der kirchlichen Zivilgesellschaft im Gesetz. Leider ist es bisher nicht üblich, dass kirchliche Gesetzgebung transparent  und unter Beteiligung der  Betroffenen stattfindet – mit der angekündigten Evaluierung des KDG besteht nun die Chance, auch auf der juristisch-operativen Ebenen die gesetzgeberische Macht von Bischöfen zu teilen und zu kontrollieren. Die scheinbar sehr fachpolitische Stellungnahme ist damit auch ein Beitrag zu einer partizipativeren Kirche. Die Stellungnahme der GKP ist online einsehbar: https://gkp.de/evaluierung-kdg-kirchlicher-datenschutz

 

Autor: Felix Neumann Mitglied des Vorstands der GKP und Redakteur bei katholisch.de, Betreiber des Fachblogs „Artikel91.eu – Datenschutz in Kirchen und Religionsgemeinschaften“

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