Salzkörner
Freitag, 27. Februar 2009
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser
Herausforderungen durch die Finanzmarkt-Krise
Bekanntlich liegen die Ursachen der Finanzkrise in einem Zusammenwirken von Staats- und Marktversagen. Nur ein Zusammenspiel von staatlicher und internationaler Regulierung und verantwortlichem Handeln der Marktakteure kann solche Krisen verhindern.
Zu den Ursachen der gegenwärtigen Krise gehören die anhaltende Versorgung mit billigem Geld durch den Federal Reserve Board, der Widerstand der USA gegen die Einführung der strengen Eigenkapitalvorschriften von Basel II, die mangelhafte Kontrolle von Hypotheken-/Refinanzierern sowie die fehlende rechtliche und behördliche Kontrolle im gesamten Grundpfandwesen. Zum Anderen verfolgten die Marktteilnehmer - vornehmlich in den USA - eine maßlose Vergabe von Krediten an einkommensschwache Kreditnehmer und motivierten zu einem Konsum auf Kredit, so dass diese einer Verschuldung als Dauerzustand verfielen.
Krisenverlauf
So setzte Mitte 2007 in den USA die Subprime-Krise ein. In Europa waren wirtschaftliche Unternehmen davon kaum berührt. Die Skepsis der Banken untereinander wuchs hierzulande ab Frühjahr 2008. Dennoch sprachen im Juni 2008 viele vom Anfang des Endes der Krise. Doch verschlechterte sich das Klima dramatisch. Aus einem übersteigerten Misstrauen der Banken untereinander wuchs eine erhebliche Finanz- und Liquiditätskrise. Mit dem Fall der Lehman Brothers Inc. im September wurden auch große deutsche Landesbanken in Mitleidenschaft gezogen. Vergleiche mit der Weltwirtschaftskrise 1929 und der deutschen Bankenkrise 1931 hielten Einzug. Mittlerweile haben diese unterschiedlichen Krisen auch die Realwirtschaft erreicht. Allerdings ist festzustellen, dass die Menschen derzeit so leben, als wäre nichts passiert. Umgekehrt klagen fast alle Bereiche der Industrie über einen starken Umsatzrückgang und beantworten diese Situation mit Entlassungen. 2009 wird das Jahr der "schlechten Nachrichten", führt die Bundeskanzlerin derzeit häufig aus. Klar ist, dass ein Ende der Krise derzeit nicht in Sicht ist. Ich bin der Ansicht, dass im Herbst dieses Jahres möglicherweise der Tiefpunkt erreicht ist, da bis dahin alle schlechten Ergebnisse in den Bilanzen 2008 verarbeitet sind.
In dieser Ausnahmesituation hat die deutsche Politik entschlossen gehandelt, um die Märkte zu beruhigen. Mit einem nie dagewesenen Tempo wurden sehr weitreichende Maßnahmen beschlossen. Das staatliche Eingreifen sowohl für die Banken als auch neuerdings für den Wirtschaftsbereich war wichtig, um den Kreislauf der Wirtschaft weiter aufrecht zu erhalten. Unternehmen brauchen Geld, um neue Maschinen zu kaufen und Gehälter zu bezahlen. Banken sind so wichtig, weil sie zentrale Aufgaben für die Wirtschaft erfüllen. Sie wandeln Einlagen und Spargelder ihrer Kunden in Kredite um.
Konditionen kontrollieren
Bedauerlicherweise ist der Konkurrenzkampf der Banken in Deutschland unermesslich groß. Ausländische Banken werben teilweise mit unverantwortlichen Konditionen. Leider werden diese vielfach "über den Markt" gestellten Kondition von der Bundesbank bzw. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht hinreichend genug überprüft. Banken, die mit unverantwortlichen Konditionen locken, befinden sich mittlerweile unter dem Schutzschirm der Finanzinstitutionen, werben aber weiterhin mit Konditionen, die einer redlichen Grundlage entbehren – für die Kreditinstitute, die bislang verantwortungsvoll ihre Risikopositionen steuerten, ein auf Dauer unhaltbarer Zustand! Meines Erachtens sollte Konditionswerbung in den Medien für ein Jahr untersagt werden, um die sich verschärfende Gier der Kunden einmal auszublenden. So käme auch eine stärkere Beruhigung in die Märkte. Konditionen ohne jegliche vernünftige Gegendeckung sollten durch die Aufsichtsämter beobachtet und ggf. untersagt werden. Dieser Eingriff in die Marktwirtschaft ist für alle Institute nur von heilsamer Wirkung.
Erträge stärken
Überhaupt ist festzustellen, dass allein die deutschen Bankbilanzen noch 300 Milliarden abzuschreibende Forderungen beinhalten; im Übrigen ist die Ertragslage der Kreditinstitute viel zu schwach. Und gerade jetzt konditionieren sich diese gegenseitig in die Knie. Dies allein mit den Kräften des freien Marktes abzutun, ist zu kurz gesprungen. Vielmehr sollten für einen gewissen Zeitraum Mindest-Gegendeckungsbeiträge festgelegt werden, die den Banken wieder den notwendigen Verdienst für die Aufrechterhaltung ihrer Risikotragfähigkeit bringen. Diese Mindestmarge soll auch vom Kunden selbst bei der Inanspruchnahme der Finanzdienstleistung bezahlt werden und nicht etwa vom Steuerzahler. Die Idee, alle Lasten auf den Steuerzahler in Form einer "Bad-Bank" abzuladen ist meiner Ansicht nach unhaltbar. Eine solche "Bad-Bank" reduziert die Managerverantwortung und ist nicht zielführend. Vielmehr müssen die Banken über eine gesunde Ertragsschiene wieder originär erstarken.
Als gesunder Prozess ist die klare Hinwendung der Kundschaft zu einfachen, überschaubaren Produkten zu beobachten. Das Sparbuch und der Sparbrief – längst von vielen als uncool abgestempelt – durchlaufen derzeit eine erhebliche Renaissance. Zudem steigt die Nachfrage nach ethischen Bankprodukten, da in dem krisenreichen Jahr 2008 bei diesen Produkten (Fonds, Aktien, Anleihen) eine teilweise wesentlich bessere Performance (vielfach über 10 %) erzielt wurde. Der deutliche Fingerzeig des ZdK mit Hilfe der vor einem Jahr ausgelegten Handreichung ("Ethisches Investment") kam insoweit genau zum richtigen Zeitpunkt.
Verantwortung von Kaufmann und Kunde
Wichtig für die Zukunft ist in jedem Falle, sich wieder auf die Tugenden des ehrbaren Kaufmanns bzw. Bankiers zu besinnen. Dabei haben die Unternehmer in der Sozialen Marktwirtschaft drei Verantwortungsbereiche im Auge zu behalten. Das ihnen anvertraute Kapital, die ihnen anvertrauten Mitarbeiter und die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Nur in dieser Balance wird die Unternehmensverantwortung richtig wahrgenommen.
Auch der Kunde hat eine Überprüfungspflicht seiner Aktionen. Meines Erachtens sollten bereits an den Schulen Grundzüge der Wirtschaft und insbesondere auch der Bankwirtschaft, mit der jeder irgendwie in seinem Leben in Berührung kommen wird, vermittelt werden. Blindes Vertrauen auf seinen jahrelangen "treuen" Bankberater ist dabei nicht förderlich. Das bloße Feilschen um eine Kondition ist sicherlich der falsche Weg. Der Kunde ist gefordert, auch die Struktur seines Produktes näher zu erforschen, da er nun mal die Verantwortung über seine Kapitalanlage trägt.
Wie wird es weitergehen?
Dank des beherzten staatlichen Engagements für die Finanzwirtschaft und die Wirtschaft (Konjunkturpaket) sowie der begleitenden Zinssenkungen der EZB wird sich die Liquiditätskrise allmählich auflösen. Wir werden in absehbarer Zeit wieder eine geordnete Finanzwelt vorfinden, allerdings wird sich diese mit der alten Finanzwelt kaum mehr in Deckung bringen lassen. Es wird mehr Überwachungsmechanismen und härtere Kontrollen geben müssen. Insoweit wird es für die Wirtschaft schwieriger werden, Kredite aufzunehmen.
Als weitere Schritte auf dem Weg zur Veränderung halte ich folgende Maßnahmen für prüfenswert:
Die Basel II Vorschriften sollten weltweit umgesetzt werden, denn unter den international definierten Standards von Basel II wäre eine Entwicklung wie in den vergangenen Monaten weniger wahrscheinlich gewesen.
Die Rolle der Rating-Agenturen muss neu definiert werden in dem Sinne, dass die bisher nur freiwilligen Regelungen des "Verhaltenskodex für Rating-Agenturen" der internationalen Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden in ein verbindliches Regelwerk überführt werden.
Offshore-Zentren, die vielfach als Schlupflöcher für Banken und Finanzgesellschaften dienten, sollten nicht mehr zugelassen werden.
Die Bankenwelt sollte sich in Zukunft wieder mehr auf ihre traditionelle Rolle besinnen, nämlich Dienstleister für die Realwirtschaft zu sein. Was daher nicht fehlen darf, ist die Moral und die Ethik der handelnden Person. Nur in einem Klima von Habsucht, in dem Gewinn-Maximierung die einzige Richtschnur des Handelns war, konnte der Krisenherd überhaupt erst entstehen. Insoweit lautet die Devise für Bankmanager oder –kunden: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser!
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Zu den Ursachen der gegenwärtigen Krise gehören die anhaltende Versorgung mit billigem Geld durch den Federal Reserve Board, der Widerstand der USA gegen die Einführung der strengen Eigenkapitalvorschriften von Basel II, die mangelhafte Kontrolle von Hypotheken-/Refinanzierern sowie die fehlende rechtliche und behördliche Kontrolle im gesamten Grundpfandwesen. Zum Anderen verfolgten die Marktteilnehmer - vornehmlich in den USA - eine maßlose Vergabe von Krediten an einkommensschwache Kreditnehmer und motivierten zu einem Konsum auf Kredit, so dass diese einer Verschuldung als Dauerzustand verfielen.
Krisenverlauf
So setzte Mitte 2007 in den USA die Subprime-Krise ein. In Europa waren wirtschaftliche Unternehmen davon kaum berührt. Die Skepsis der Banken untereinander wuchs hierzulande ab Frühjahr 2008. Dennoch sprachen im Juni 2008 viele vom Anfang des Endes der Krise. Doch verschlechterte sich das Klima dramatisch. Aus einem übersteigerten Misstrauen der Banken untereinander wuchs eine erhebliche Finanz- und Liquiditätskrise. Mit dem Fall der Lehman Brothers Inc. im September wurden auch große deutsche Landesbanken in Mitleidenschaft gezogen. Vergleiche mit der Weltwirtschaftskrise 1929 und der deutschen Bankenkrise 1931 hielten Einzug. Mittlerweile haben diese unterschiedlichen Krisen auch die Realwirtschaft erreicht. Allerdings ist festzustellen, dass die Menschen derzeit so leben, als wäre nichts passiert. Umgekehrt klagen fast alle Bereiche der Industrie über einen starken Umsatzrückgang und beantworten diese Situation mit Entlassungen. 2009 wird das Jahr der "schlechten Nachrichten", führt die Bundeskanzlerin derzeit häufig aus. Klar ist, dass ein Ende der Krise derzeit nicht in Sicht ist. Ich bin der Ansicht, dass im Herbst dieses Jahres möglicherweise der Tiefpunkt erreicht ist, da bis dahin alle schlechten Ergebnisse in den Bilanzen 2008 verarbeitet sind.
In dieser Ausnahmesituation hat die deutsche Politik entschlossen gehandelt, um die Märkte zu beruhigen. Mit einem nie dagewesenen Tempo wurden sehr weitreichende Maßnahmen beschlossen. Das staatliche Eingreifen sowohl für die Banken als auch neuerdings für den Wirtschaftsbereich war wichtig, um den Kreislauf der Wirtschaft weiter aufrecht zu erhalten. Unternehmen brauchen Geld, um neue Maschinen zu kaufen und Gehälter zu bezahlen. Banken sind so wichtig, weil sie zentrale Aufgaben für die Wirtschaft erfüllen. Sie wandeln Einlagen und Spargelder ihrer Kunden in Kredite um.
Konditionen kontrollieren
Bedauerlicherweise ist der Konkurrenzkampf der Banken in Deutschland unermesslich groß. Ausländische Banken werben teilweise mit unverantwortlichen Konditionen. Leider werden diese vielfach "über den Markt" gestellten Kondition von der Bundesbank bzw. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht hinreichend genug überprüft. Banken, die mit unverantwortlichen Konditionen locken, befinden sich mittlerweile unter dem Schutzschirm der Finanzinstitutionen, werben aber weiterhin mit Konditionen, die einer redlichen Grundlage entbehren – für die Kreditinstitute, die bislang verantwortungsvoll ihre Risikopositionen steuerten, ein auf Dauer unhaltbarer Zustand! Meines Erachtens sollte Konditionswerbung in den Medien für ein Jahr untersagt werden, um die sich verschärfende Gier der Kunden einmal auszublenden. So käme auch eine stärkere Beruhigung in die Märkte. Konditionen ohne jegliche vernünftige Gegendeckung sollten durch die Aufsichtsämter beobachtet und ggf. untersagt werden. Dieser Eingriff in die Marktwirtschaft ist für alle Institute nur von heilsamer Wirkung.
Erträge stärken
Überhaupt ist festzustellen, dass allein die deutschen Bankbilanzen noch 300 Milliarden abzuschreibende Forderungen beinhalten; im Übrigen ist die Ertragslage der Kreditinstitute viel zu schwach. Und gerade jetzt konditionieren sich diese gegenseitig in die Knie. Dies allein mit den Kräften des freien Marktes abzutun, ist zu kurz gesprungen. Vielmehr sollten für einen gewissen Zeitraum Mindest-Gegendeckungsbeiträge festgelegt werden, die den Banken wieder den notwendigen Verdienst für die Aufrechterhaltung ihrer Risikotragfähigkeit bringen. Diese Mindestmarge soll auch vom Kunden selbst bei der Inanspruchnahme der Finanzdienstleistung bezahlt werden und nicht etwa vom Steuerzahler. Die Idee, alle Lasten auf den Steuerzahler in Form einer "Bad-Bank" abzuladen ist meiner Ansicht nach unhaltbar. Eine solche "Bad-Bank" reduziert die Managerverantwortung und ist nicht zielführend. Vielmehr müssen die Banken über eine gesunde Ertragsschiene wieder originär erstarken.
Als gesunder Prozess ist die klare Hinwendung der Kundschaft zu einfachen, überschaubaren Produkten zu beobachten. Das Sparbuch und der Sparbrief – längst von vielen als uncool abgestempelt – durchlaufen derzeit eine erhebliche Renaissance. Zudem steigt die Nachfrage nach ethischen Bankprodukten, da in dem krisenreichen Jahr 2008 bei diesen Produkten (Fonds, Aktien, Anleihen) eine teilweise wesentlich bessere Performance (vielfach über 10 %) erzielt wurde. Der deutliche Fingerzeig des ZdK mit Hilfe der vor einem Jahr ausgelegten Handreichung ("Ethisches Investment") kam insoweit genau zum richtigen Zeitpunkt.
Verantwortung von Kaufmann und Kunde
Wichtig für die Zukunft ist in jedem Falle, sich wieder auf die Tugenden des ehrbaren Kaufmanns bzw. Bankiers zu besinnen. Dabei haben die Unternehmer in der Sozialen Marktwirtschaft drei Verantwortungsbereiche im Auge zu behalten. Das ihnen anvertraute Kapital, die ihnen anvertrauten Mitarbeiter und die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Nur in dieser Balance wird die Unternehmensverantwortung richtig wahrgenommen.
Auch der Kunde hat eine Überprüfungspflicht seiner Aktionen. Meines Erachtens sollten bereits an den Schulen Grundzüge der Wirtschaft und insbesondere auch der Bankwirtschaft, mit der jeder irgendwie in seinem Leben in Berührung kommen wird, vermittelt werden. Blindes Vertrauen auf seinen jahrelangen "treuen" Bankberater ist dabei nicht förderlich. Das bloße Feilschen um eine Kondition ist sicherlich der falsche Weg. Der Kunde ist gefordert, auch die Struktur seines Produktes näher zu erforschen, da er nun mal die Verantwortung über seine Kapitalanlage trägt.
Wie wird es weitergehen?
Dank des beherzten staatlichen Engagements für die Finanzwirtschaft und die Wirtschaft (Konjunkturpaket) sowie der begleitenden Zinssenkungen der EZB wird sich die Liquiditätskrise allmählich auflösen. Wir werden in absehbarer Zeit wieder eine geordnete Finanzwelt vorfinden, allerdings wird sich diese mit der alten Finanzwelt kaum mehr in Deckung bringen lassen. Es wird mehr Überwachungsmechanismen und härtere Kontrollen geben müssen. Insoweit wird es für die Wirtschaft schwieriger werden, Kredite aufzunehmen.
Als weitere Schritte auf dem Weg zur Veränderung halte ich folgende Maßnahmen für prüfenswert:
Die Basel II Vorschriften sollten weltweit umgesetzt werden, denn unter den international definierten Standards von Basel II wäre eine Entwicklung wie in den vergangenen Monaten weniger wahrscheinlich gewesen.
Die Rolle der Rating-Agenturen muss neu definiert werden in dem Sinne, dass die bisher nur freiwilligen Regelungen des "Verhaltenskodex für Rating-Agenturen" der internationalen Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden in ein verbindliches Regelwerk überführt werden.
Offshore-Zentren, die vielfach als Schlupflöcher für Banken und Finanzgesellschaften dienten, sollten nicht mehr zugelassen werden.
Die Bankenwelt sollte sich in Zukunft wieder mehr auf ihre traditionelle Rolle besinnen, nämlich Dienstleister für die Realwirtschaft zu sein. Was daher nicht fehlen darf, ist die Moral und die Ethik der handelnden Person. Nur in einem Klima von Habsucht, in dem Gewinn-Maximierung die einzige Richtschnur des Handelns war, konnte der Krisenherd überhaupt erst entstehen. Insoweit lautet die Devise für Bankmanager oder –kunden: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser!