„Wir brauchen Reformen“

ZdK-Präsidentin erinnert an Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 60 Jahren

„Heute jährt sich die Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils zum 60. Mal. Was damals geschah, war bahnbrechend. Aber der 11. Oktober 1962 erinnert uns daran, dass wir uns nicht auf den Visionen vergangener Jahrzehnte ausruhen können. Manche Reformen sind nicht vollendet. Andere sind nie begonnen worden. Wir müssen heute tun, was heute ansteht“, sagt die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Dr. Irme Stetter- Karp.

Das Konzil, das bis zum 8. Dezember 1965 währte, veränderte die Beziehung der katholischen Kirche zur modernen Welt. „Die Zeichen der Zeit wurden gedeutet“, so die ZdK-Präsidentin. „Daraus folgten Innovationen im theologischen Denken, die die Beziehung zu anderen Religionen positiv veränderten. Daraus folgte eine Liturgiereform, die uns bis heute trägt. Daraus folgte insgesamt ein neues Denken über das Verhältnis zwischen Kirche und Mensch. Eine Teilhabekultur nahm dort ihren Anfang, die uns bis heute Ansporn ist, weil sie nicht vollendet wurde“, sagt Stetter-Karp.

„Positiv hat sich das Zweite Vatikanum auf die Selbstorganisation der Katholik*innen ausgewirkt. Das Konzil empfahl, Räte in den Diözesen zu bilden. Letztlich ist das ZdK durch das Konzil zum Zusammenschluss von Vertreter*innen der Diözesanräte, der katholischen Verbände und weiterer Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft geworden.“

Umso bedauerlicher sei es, dass die aktuellen, weltweiten Ansätze zur Erneuerung der Kirche im Vatikan auf teils irritierende Widerstände stießen. „Synodale Wege werden überall kritisch beäugt. Der Synodale Weg, auf den wir uns in Deutschland zusammen mit den Bischöfen begeben haben, ist in jüngster Zeit in Rom besonders stark kritisiert worden. Ein Gesprächsangebot für das gesamte Synodalpräsidium ist aber bislang nicht gekommen“, sagt die ZdK-Präsidentin.

„Man kann nicht darauf verzichten, die Kirche zukunftsfähig zu machen. Die Welt dreht sich weiter, und eine Kirche, die das nicht spürt, kommt nicht mehr mit. Heute ist die Gleichberechtigung von Frauen, ist die Akzeptanz geschlechtlicher Vielfalt in der Gesellschaft und das Verlangen nach Macht- und Gewaltenteilung bei Entscheidungsprozessen in der Kirche drängend. Wenn die Kirche sich an diesen Punkten nicht verändert, wird sie immer mehr Mitglieder verlieren. Sie wird sich – mindestens in Europa – aber auch gesellschaftlich marginalisieren. Dabei möchte ich nicht einfach zusehen“, erklärt Stetter-Karp ihr Engagement als Präsidentin des Synodalen Weges. „Ich hoffe auf Veränderung, auf offene Ohren und Herzen. Mit einer Blockadehaltung kommt die Kirche nicht weiter. Die Zeit drängt.“

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