Rede der Präsidentin des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentages 2017, Prof. Dr. Christina Aus der Au

im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zum Beschluss eines 3. Ökumenischen Kirchentages - es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Geschwister,

welch eine ökumenische Welle hat uns in diesen Tagen erfasst!  Das Reformationsjubiläum scheint eine Dynamik freizusetzen, die wir noch vor wenigen Jahren so nicht erwartet hätten. Karl Kardinal Lehmann wird am Reformationstag mit der Martin-Luther-Medaille der EKD  geehrt. Am gleichen Tag feiert Papst Franziskus in Lund  mit dem lutherischen Weltbund Gottesdienst und umarmt – ein Bild für die Ewigkeit – Erzbischöfin Antje Jackelén. Eine Delegation von Deutscher Bischofskonferenz und EKD begibt sich auf eine Pilgerreise ins Heilige Land.  

Man hört, diese gemeinsame Pilgerfahrt habe Züge einer Klassenreise besessen. Bekanntermaßen kommt man sich auf Klassenfahren ja oft näher als gedacht.  Und sie begünstigen das Entstehen legendärer Geschichten, die man dann noch seinen Enkeln, oder eben Neffen und Nichten, erzählt. Das ist nicht schlecht für die Ökumene!

Zugleich wurde auch auf dieser Reise überdeutlich, was uns noch trennt.  Der katholische Teil der Delegation feierte miteinander Eucharistie, der evangelische Teil blieb außen vor. Am nächsten Tag war es umgekehrt. Vielleicht ist manchem Teilnehmer so noch einmal mehr bewusst geworden, welcher Schmerz Sonntag für Sonntag in den Kirchenbänken ausgehalten wird. Eine bleibt sitzen und der Partner, die Freundin geht nach vorne zum Tisch des Herrn. Nun, mitunter begünstigt ja die eigene Erfahrung auch Bereitschaft zu Veränderung.

Parallel zu diesen ökumenischen Aufbrüchen haben das Zentralkomitee der Katholiken und der Deutsche Evangelische Kirchentag Gespräche geführt. Miteinander, vertrauensvoll, beharrlich, mitunter ernüchtert, aber immer wieder auch hoffnungsvoll. Und wir haben gesprochen mit denen, deren Ja es noch zusätzlich braucht, damit eine Einladung ausgesprochen werden kann. Nun ist es soweit!

So Gott will und wir leben wird der 3. Ökumenische Kirchentag 2021 in Frankfurt am Main stattfinden. Ein Abstand von dann elf Jahren zum 2. ÖKT in München. Ein solches Projekt lässt sich nicht aus dem Ärmel schütteln. Es gibt Bedingungen und Notwendigkeiten. Es gibt die Zwänge der einen und die Selbstverständlichkeiten der anderen. Und es gibt Erfahrungen vom letzten Mal.

Vielleicht ist es so, wie wenn man ein Fest feiern will. Man bereitet das vor, ganz nach der eigenen Vorstellung,  so wie man es mag und auch im letzen Jahr schon gemacht hat. Aber es gibt ein Sehnen und die Geschwister beschließen, gemeinsam zu feiern. Die ältere Schwester mit der größeren. Die aber hat ihre eigenen Ideen, Traditionen, Vorlieben. Und so mag es – bei aller Liebe – auch anstrengend sein, sich von Gewohnheiten zu verabschieden, um Redelisten und Tischordnung zu ringen. Doch: was für ein Fest! Die Freundinnen der einen plaudern ganz selbstverständlich mit den Freunden der anderen.  Sogar die spröde angeheiratete Tante überrascht mit Witz. Mancher Tischnachbar bleibt noch sehr fremd. Aber man hält es für möglich, sich auch mit dieser Verschiedenheit zu versöhnen. Man geht nach Hause, fröhlich beschwingt, denkt vielleicht: ja, muss ich jetzt nicht jedes Jahr haben, aber besonders und besonders schön ist es schon.

Vergessen wir zudem nicht: So wie die Ökumene an der Gemeindebasis oft selbstverständlich ist, so ist es die ökumenische Begegnung von Evangelischen und Katholischen im Mai jeden Jahres. Es gibt Menschen, die feiern nicht alle zwei Jahre, sondern jedes Jahr Kirchentag. Katholische machen sich auf zum Evangelischen Kirchentag und umgekehrt. Kein Katholikentag, bei dem nicht die Kirchentagspräsidentin und viele Mitglieder der Gremien selbstverständlich dabei wären. Kein Evangelischer Kirchentag, an dem nicht Sie, Thomas Sternberg, die Mitglieder des Präsidiums und viele von Ihnen ganz selbstverständlich teilnehmen würden. Auf Arbeitsebene gilt das sowieso. Meinen Geschäftsführer treffe ich auf dem Leipziger Augustusplatz, der dort mithilft beim reibungslosen Ablauf des Hauptgottesdienstes. Eine Programmmitarbeiterin beim Katholikentag in Mannheim ist jetzt Abteilungsleiterin in der Berliner Geschäftsstelle.

Nun also sind objektive Hindernisse überwunden, Erforderlichkeiten geklärt und mancher Kleinmut gewichen. Ich darf die Grüße des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentages überbringen, das sich sehr freut, dass die beiden Laienbewegungen dieses ökumenisch wichtige Zeichen zum dritten Mal setzen können. Im September haben wir den entsprechenden Beschluss verabschiedet:

„Vorbehaltlich der Bereitstellung von finanziellen und organisatorischen Ressourcen beschliesst das Präsidium einstimmig, die zu erwartende gemeinsame Einladung der Landeskirche Hessen-Nassau und des Bistums Limburg an den Deutschen Evangelischen Kirchentag und das ZdK zu einem 3. Ökumenischen Kirchentag im Jahr 2021 anzunehmen.“

Wir wissen, was unser gemeinsames Ziel ist: Christus zu bezeugen und unseren Glauben. Wir wissen, welche Strahlkraft das gemeinsame Bezeugen von Spiritualität und Weltverantwortung entfalten kann. Wir wollen in einer Welt, die aus den Fugen ist, gemeinsam als Christinnen und Christen Verantwortung übernehmen und Zeichen der Solidarität und Menschenwürde setzen. Auch Europa braucht das dringender denn je. Wir wissen, wie wichtig es ist, die Ökumene zu weiten, zur Orthodoxie hin und zu den Freikirchen, und wir wissen, wie bedeutend auch der Dialog mit anderen Religionen ist. Wir wollen geschwisterlich Kirche sein, die andere lassen wie sie ist, aber uns selbst nicht genug sein.

So setzen wir unsere Füße gemeinsam auf den Weg, der 2021 nach Frankfurt führt. Schon jetzt führt dieser Weg durch das Reformationsjubiläum hindurch, das wir gemeinsam als Christusfest feiern können. Und der Weg wird schon im kommenden September breit sein, wenn wir in Bochum als ZdK und DEKT gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz und der EKD gemeinsam ein ökumenisches Fest feiern.

Auch die nächsten Kirchen- und Katholikentage sind Stationen auf dem Weg. Und in fünf Jahren wird es besonders sein, anders und mehr womöglich, als  jeder für sich je haben kann. Ich freue mich auf den 3. Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt.

Herzlichen Dank.

Prof. Dr. Christina Aus der Au, Präsidentin des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentages 2017

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