Ein klares Nein zu organisierter Beihilfe zur Selbsttötung

Gemeinsame Stellungnahme des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) und der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) zur Sterbehilfediskussion in ihren Ländern

Für das Verbot organisierter Beihilfe zur Selbsttötung treten die großen Katholikenorganisationen in Deutschland und Österreich gemeinsam ein. Der Schutz der Würde und des Lebensrechtes schwerstkranker und sterbender Menschen erfordert ein klares Nein zu assistiertem Suizid als einer Form der „Sterbehilfe“, betonen die Repräsentanten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) und der österreichischen Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) nach einer gemeinsamen Tagung in Salzburg. Sie fordern gleichzeitig den Ausbau und die strukturelle Absicherung einer flächendeckenden, für alle zugänglichen Hospiz- und Palliativbetreuung, sowohl in stationärer als auch in ambulanter Form.

In beiden Ländern ist Tötung auf Verlangen („aktive Sterbehilfe“) verboten. In Deutschland ist Beihilfe zur Selbsttötung nicht geregelt bzw. nur Ärzten in ihrem Standesrecht weitgehend verboten, ein gesetzliches Verbot wird derzeit intensiv debattiert. In Österreich ist Suizidbeihilfe nicht erlaubt, von manchen wird allerdings eine Aufweichung dieses Verbotes propagiert. Zudem wird in Österreich über eine Verankerung des „Grundrechtes auf ein Sterben in Würde“ und des Verbots der aktiven Sterbehilfe in der Verfassung

beraten.

Befürworter der Beihilfe zur Selbsttötung berufen sich auf das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen. Dieses ist selbstverständlich in Übereinstimmung mit dem christlichen Menschenbild hoch zu achten. Es handelt sich aber um ein verkürztes Verständnis von Selbstbestimmung, wenn die Freiheit zur Selbsttötung zum Inbegriff der Selbstbestimmung gemacht wird. Wenn die Beihilfe zur Selbsttötung zur gesellschaftlich akzeptierten Normalität wird, schafft dies - wie die Erfahrung zeigt - ein gesellschaftliches Klima, das das Lebensrecht hilfs- und pflegebedürftiger Menschen in der Endphase ihres Lebens in Frage stellt. Betroffene müssen sich dann zunehmend rechtfertigen – gegenüber sich selbst, Angehörigen, Kostenträgern und der Gesellschaft als ganzer -, warum sie diese Möglichkeit nicht Anspruch nehmen. Ihre Würde und ihr Lebensrecht werden so missachtet und gefährdet.

 

Lebenswille gerät unter Rechtfertigungsdruck

Damit gefährdet die Erlaubnis der Suizidbeihilfe genau jene freie Willensäußerung schwerstkranker und dem Tod naher Personen, die sie zu schützen vorgibt. Es darf aber nicht sein, dass jemand unter Druck gerät, den „Todeswunsch“ zu äußern oder sich rechtfertigen zu müssen, weiterhin leben zu wollen. Auch Menschen, die in gesunden Tagen geäußert haben, dass sie unter bestimmten Umständen eine Beihilfe zum

Suizid in Anspruch nehmen würden, können kurz vor dem Tod zu einer anderen Überzeugung gelangen. Im Blick auf ein Sterben in Würde ist daher jede organisierte Beihilfe zur Selbsttötung abzulehnen. Eine Zulassung oder Duldung hätte auch auf das Arzt-Patienten-Verhältnis fatale Auswirkungen. Die Beihilfe zum Suizid wäre so eine ärztliche Leistung neben anderen. Das Vertrauen, dass Ärzte dem Leben verpflichtet

sind und nicht dem Töten oder der Beihilfe zum Selbsttötung, wäre untergraben.

Eine selbstbestimmte Lebensführung wird in der Phase des Sterbens auch von der Erkrankung selbst, von der Erfahrung von Leid, Schmerz und Hilfsbedürftigkeit am eigenen Körper bedroht. Eine Entscheidung zur Selbsttötung ist auch in dieser Situation kein Ergebnis nüchterner, emotionsloser Bilanzierung der Vor- und Nachteile eines Weiterlebens oder eines Todes. In ihr spiegeln sich Ohnmacht und Verzweiflung. Einfache Appelle wie „Mein Tod gehört mir“ oder „Selbstbestimmung bis zuletzt“ blenden die Erkenntnisse der Suizidforschung aus, dass auch der sog. „Bilanzsuizid“ gerade bei älteren Menschen oftmals große Lebensängste (Einsamkeit, Hilflosigkeit usw.) oder Verlusterfahrungen spiegelt, die sich in seelischen Schmerzen niederschlagen und das Suizidbegehren befördern. Hier stellt sich auch die Frage des Menschenbildes: Angewiesen zu sein auf andere, auf Hilfe und Fürsorge von Mitmenschen, sind keine „menschenunwürdigen“ Zustände, sondern gehören zur Grundverfassung des Menschen.

 

Palliativ- und Hospizversorgung ausbauen

Der Respekt vor der Selbstbestimmung jedes Menschen und seiner unantastbaren Würde in der extremen Lebenssituation des Sterbens gebietet es daher, nicht Tötung auf Verlangen oder Beihilfe zur Tötung zu legalisieren, sondern das Pflege-, Palliativ- und Hospizwesen entsprechend auszubauen. Dazu gehört auch eine entsprechende flächendeckende Schulung von Ärzten, Pflegern, ehrenamtlichen Helfern, Seelsorgern

und Angehörigen. Die zentrale Aufgabe liegt darin, den Patienten in der Lebensphase, in der Heilung nichtmehr möglich ist, zur bestmöglichen Lebensqualität zu verhelfen. Dazu gehört auch, medizinische Behandlungen, die keine Heilung mehr bewirken, sondern nur das Sterben verlängern, zu unterlassen und auf schmerzstillende Behandlung (Palliativpflege) umzustellen. So kann ein Sterben in Würde sichergestellt

werden, ohne fremdbestimmte Verlängerung und ohne künstliche Verkürzung.

 

Familiensynode und Rolle der Laien

Unter der Federführung von KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer und ZdK-Präsident Alois Glück berieten führende Mitarbeiter beider Laienorganisationen in Eugendorf bei Salzburg aktuelle Fragen und Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft. Als Vertreter der AKV nahm deren Präsident Helmut Kukacka teil. Schwerpunktthemen waren die sich verändernde Rolle der Laien in der Kirche, eine Zwischenbilanz zur Familiensynode im Vatikan, der Dialogprozess der katholischen Kirche in Deutschland und das Zukunftsforum

der katholischen Kirche in Österreich. Referenten waren der Moraltheologe Günter Virt, der Wiener Intensivmediziner Andreas Valentin und der Innsbrucker Theologe Roman Siebenrock. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner empfing die Teilnehmer des Treffens zu einem Gespräch. Glück und Schaffelhofer vereinbarten, diese Form der Zusammenarbeit fortzusetzen.

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