ZdK-Präsident Sternberg begrüßt Mindestlohn für ausländische Pflegekräfte – und fürchtet Pflegenotstand

„Ich finde dieses Urteil sehr hilfreich, weil es die teilweise unhaltbaren Arbeitsverhältnisse angeht, die sich allenthalben etabliert haben“

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, begrüßt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Mindestlohn für ausländische Pflegekräfte in der häuslichen Pflege. „Ich finde dieses Urteil sehr hilfreich, weil es die teilweise unhaltbaren Arbeitsverhältnisse angeht, die sich allenthalben etabliert haben“, sagte er am Freitag in der Hauptausschusssitzung des ZdK. Andererseits löse es, wie es der Vorstand der deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, ausgedrückt habe, „einen Tsunami aus“.

Es stelle sich einmal mehr die Frage, so Sternberg, wie Pflege im häuslichen Bereich künftig fair möglich sei. „Wie verhindert man das Abdriften von Pflege- und Betreuungskräften in die Schwarzarbeit? Wie können wir ausreichend Heimkapazitäten schaffen und zugleich Pflegekräfte zu fairen Bedingungen auch im häuslichen Bereich beschäftigen, ohne alle Beteiligten zu überfordern? Wie können wir einen Pflegenotstand verhindern? Ein zentraler Punkt wird hierbei die zukünftige Finanzierung der häuslichen Pflege sein.“

Das Bundesarbeitsgericht hatte am 24. Juni festgestellt, dass auch die Pflegekräfte aus dem Ausland einen Anspruch auf Mindestlohn haben und die Regelungen des deutschen Arbeitsrechts vor allem bezüglich der Anerkennung von Bereitschaftszeiten als Arbeitszeiten Geltung haben.

Das ZdK hatte im November 2018 eine Erklärung zur Pflege veröffentlicht. Darin heißt es: „Die weite Verbreitung der sogenannten 24-Stunden-Pflege – Schätzungen schwanken zwischen 100.000 und 600.000 Pflegehaushalten in Deutschland – verdeutlicht, dass das primär auf häuslicher Pflege basierende Pflegesystem an seine Grenzen stößt.“  Aus ethischer Sicht sei die extreme Ausdehnung der Arbeitszeit „das zentrale Problem“.

In der Erklärung begreift das ZdK die Altenpflege als eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und setzt mit seiner Bestandsaufnahme bei den hohen Belastungen an, denen die pflegenden Angehörigen, die sog. Live-In-Pflegekräfte und die professionellen Pflegekräfte in den Heimen und ambulanten Diensten ausgesetzt sind. Vor diesem Hintergrund wird gefragt, ob die aktuellen Grundstrukturen des deutschen Pflegesystems wie der Vorrang der häuslichen Pflege und die Finanzierung der öffentlichen Pflegeausgaben über Sozialversicherungsabgaben auch in Zukunft noch eine verlässliche Absicherung des Pflegerisikos gewährleisten können.

Thomas Sternberg erklärte in der heutigen Hauptausschuss-Debatte: „Wir werden uns mit dem Thema faire Pflege im Lichte des aktuellen Urteils des Bundesarbeitsgerichts erneut zu beschäftigen haben.“

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