Gesichter und Geschichten
mit Gregor von Fürstenberg
Menschen verändern die Welt. Im Zentralkomitee der deutschen Katholiken kommen sie zusammen – Christ*innen aus Leidenschaft, ehren- und hauptamtlich engagiert, zu Hause in ganz verschiedenen Regionen Deutschlands. Wir stellen Sie Ihnen vor. „Gesichter und Geschichten“ heute mit Gregor von Fürstenberg, Vizepräsident von missio in Aachen.
Herr Dr. von Fürstenberg, welcher Moment in Ihrem Leben hat Sie jüngst ins Herz getroffen?
Letzten Sommer stand ich in einer kleinen, fensterlosen Lehmkapelle im Norden Ghanas. Die Menschen dort hatten wenig, aber ein großes Herz. Eine junge Ordensfrau erzählte mir, wie sie mit einem Fahrrad, einem Katechismus und ihrem unerschütterlichen Glauben ein Zuhause für Kinder geschaffen habe, die aufgrund von Aberglauben der Hexerei bezichtigt und verfolgt werden. Sie fragte nicht: „Was bekomme ich dafür?“, sondern nur: „Wie kann ich helfen?“
Warum engagieren Sie selbst sich im kirchlichen Bereich?
Ich denke immer wieder an einen Ausspruch Jesu aus dem Matthäus-Evangelium: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“. Ich versuche, dass zum Maßstab meines Handelns zu machen. Manchmal gelingt es mir gut, manchmal nicht. Christliches Geben ist von der Idee her frei von Erwartungen, ein Ausdruck selbstloser Solidarität. Anders als das antike Do ut des, das das Geben mit zu erwartenden Gegenleistungen verbindet. Paulus beschreibt diese neue Kultur des Gebens im zweiten Brief an die Korinther als eine Art gesellschaftliche Revolution: „Ich bezeuge, dass sie nach Kräften und sogar über ihre Kräfte spendeten.“
Was wollen Sie bewegen?
Katholische Hilfswerke setzen auf langfristige Hilfe. Es braucht nicht nur das Lindern unmittelbarer Not, sondern eine nachhaltige Veränderung durch Ausbildung und Empowerment. Wenn wir zum Beispiel Ordensfrauen oder Katechet*innen ausbilden, bewirkt das eine Entwicklung vor Ort. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe. Die katholischen Hilfswerke haben den großen Vorteil, dass sie auf selbstlose Partner*innen in den Projektländern setzen können, die dort am Reich Gottes mitbauen. In vielen Projekten geht es heute um einkommensschaffende Maßnahmen, um juristische Beratung, die Stärkung von Indigenen, Migrant*innen und Verfolgten sowie um die Sorge für die Umwelt und den Schutz von Frauen vor Gewalt.
Was macht Sie an Ihrer Arbeit glücklich?
Teilen macht glücklich. Man kann sagen: Ich arbeite zusammen mit anderen dafür, das Teilen in einem größeren Maßstab zu organisieren. Das ist für mich zutiefst sinnstiftend – und offenbar nicht nur für mich. Eine Forschergruppe hat untersucht, ob es für das eigene Wohlbefinden einen Unterschied macht, wofür man Geld ausgibt. Das Ergebnis: Egal ob sie arm oder reich sind – Menschen, die Geld für andere ausgegeben hatten, fühlten sich danach glücklicher.
Woher kommt Unterstützung für Ihre Projekte?
Es gibt viele Wege, die Arbeit der katholischen Hilfswerke zu unterstützen: Spenden, Treuhandstiftungen und Zustiftungen, Testamentsspenden. Fundraising macht den Menschen ein weiteres Angebot, sich zu engagieren. Die Kirche gilt global als glaubwürdige Institution bei den Themen Migration, Frieden und Schutz der Menschenrechte. Die katholischen Hilfswerke in ihrem Verbund der MARMICK weiterhin zu unterstützen – das sollte das Anliegen aller sein: des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, der katholischen Verbände, der Diözesen wie auch jedes und jeder Einzelnen.
Wo machen Sie am liebsten Pause von der Arbeit?
Das Büro von missio liegt direkt neben dem Aachener Freibad Hangeweiher. Dort schwimme ich im Sommer gerne meine Bahnen. Danach komme ich frisch und munter zurück an den Schreibtisch.
Die Kirche der Zukunft ist für Sie…
… unsere Pfarrgemeinde St. Maria Himmelfahrt in Geilenkirchen. Hier treffen wir uns mit Freund*innen zum Gottesdienst, tun zusammen „Gutes“ und haben Spaß in der Nachfolge Jesu Christi.
Dr. Gregor Frhr. von Fürstenberg, geboren 1965 in Münster, entstammt einem alten westfälischen Adelsgeschlecht. Er ist seit 2004 Vizepräsident des Internationalen Katholischen Missionswerks missio e.V. und seit 2000 Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).
MARMICK – Was ist das?
Die katholischen Hilfswerke Misereor, Adveniat, Renovabis, missio Aachen und missio München, Caritas International sowie das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ (abgekürzt auf die ersten Buchstaben zu MARMICK) bilden ein Verbund. Dessen Sprecher ist seit November 2023 Pater Martin Maier SJ, Hauptgeschäftsführer von Adveniat. In den Sprecherkreis wurden auch Bernd Bornhorst von Misereor und Gregor von Fürstenberg von Missio Aachen gewählt.
Ist eine Welt in der Krise Spendentreiber? Pater Martin Maier zeichnet ein komplexes Bild am Beispiel von Adveniat: „Wir haben im vergangenen Haushaltsjahr 2,3 Millionen Euro mehr an Spenden einnehmen können. Doch längerfristig haben die Spenden insbesondere bei der Weihnachtskollekte abgenommen. Das hängt vor allem mit dem sinkenden Gottesdienstbesuch zusammen. Dabei war die Covid-Pandemie ein Einschnitt. Wir stellen heute fest, dass gezielter gespendet wird als früher – etwa für Projekte im Bereich Ökologie.“
Den Hilfswerken bereiten aktuell die Kürzungen im Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) Sorge. „Sie betreffen auch den sogenannten Kirchentitel und damit die Zuwendungen öffentlicher Mittel für die kirchlichen Hilfswerke“, so Pater Maier. Außerdem müssten sich die Hilfswerke auf Kürzungen der Zuwendungen aus dem Haushalt des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) einstellen. Weltweit dramatisch seien die Auswirkungen der Auflösung von USAID, der Entwicklungshilfeorganisation der USA. „Uns erreichen verzweifelte Hilferufe, auf die wir aber nur eingeschränkt antworten können. Umso wichtiger wird die Arbeit der kirchlichen Hilfswerke.“
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