Bericht zur Lage, Rede des ZdK-Präsidenten 11/2005

Rede von Prof. Dr. Hans Joachim Meyer im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) -es gilt das gesprochene Wort.

TOP 1.
UNKORRIGIERTES REDEMANUSKRIPT
Es gilt das gesprochene Wort



Bericht zur Lage


Bundestagswahl und Große Koalition

Die Bundestagswahlen vom 18. September haben ein anderes Ergebnis gebracht, als viele erwartet haben. Trotz der programmatischen Alternativen und der relativ klaren Unterscheidung der die Regierungsverantwortung anstrebenden Parteien in zwei politische Lager hat die Entscheidung der Wahlbürgerschaft eine Große Koalition notwendig gemacht. Notwendigkeiten anzuerkennen und entsprechend zu handeln entspricht nicht nur politischem Realismus, sondern zeugt auch von der Lebenskraft der Demokratie. Es wäre auch verhängnisvoll, würde man aus dem Wahlergebnis die Schlussfolgerung ziehen, Wahlprogramme, die harte Reformschritte ankündigen, seien zu ehrlich, um erfolgreich sein zu können. Und argumentative Wahlstrategien würden sich nicht auszahlen. Stattdessen sollte man sich an die alte Wahrheit erinnern: Wer den Menschen etwas zumuten will, der muss die Menschen mitnehmen. Man mag das eine schlichte Wahrheit nennen, aber wer sie missachtet, merkt rasch, wie schwer sie wiegt. Die veröffentlichte Meinung war in den Monaten vor der Wahl zunehmend von einem neoliberalen Marktradikalismus beherrscht, der den Verdacht aufkommen ließ, zu viele einflussreiche Menschen in Deutschland wollten sich nicht mehr dessen erinnern, wie viel der Erfolg der demokratischen Ordnung in der alten Bundesrepublik und der Sieg der Freiheit im Wettbewerb der Systeme der sozialen Marktwirtschaft verdanken. Dass der deutsche Sozialstaat dringend erneuerungsbedürftig ist, kann freilich nur jemand leugnen, der die Augen vor der Wirklichkeit verschließt. Dass insbesondere seine geistig-kulturellen und seine demographischen Grundlagen gefestigt, wenn nicht neu errichtet werden müssen, sollte inzwischen offenkundig sein, auch wenn dies zu vielen immer noch eine unbequeme Einsicht ist. Dennoch kann die Perspektive der Reform des Sozialstaates nur darin bestehen, die beiden Grundpfeiler der sozialen Gerechtigkeit – die Eigenverantwortung und die Solidarität – neu zu justieren und sich um ihre geistigen und demographischen Voraussetzungen in der Gesellschaft zu kümmern. Es gibt keine freiheitliche Gesellschaft ohne Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Freiheit ohne Gerechtigkeit ist nichts anderes als die Macht des Stärkeren.

In einem achtwöchigen Verhandlungsmarathon, mit personellen Misstönen zu Beginn und als Begleitung, haben die beiden großen Volksparteien einen Koalitionsvertrag erarbeitet, der als Kompromiss selbstverständlich auf keiner Seite Jubel auslöst, der aber dennoch mehr ist als der kleinste gemeinsame Nenner. Vielmehr ist der Koalitionsvertrag ein Schritt nach vorn. Als Zentralkomitee werden wir den Dialog mit der neuen Regierung und mit den Abgeordneten des neu gewählten Deutschen Bundestages suchen. Dabei werden wir wie bisher die Sachfragen in den Mittelpunkt rücken. Das Zentralkomitee versteht sich als politisches Forum, in dem Menschen mit unterschiedlichen Lebens- und Tätigkeitsfeldern und mit unterschiedlichen Einstellungen und Interessen zusammenkommen und um die richtigen Wege für die Gestaltung einer menschenfreundlichen Gesellschaft ringen. Zentraler Maßstab ist für uns dabei das christliche Menschenverständnis und die sich daraus ergebenden Wertüberzeugungen, die in den jeweiligen Sachfragen zur Anwendung kommen müssen.

Erfreut nehmen wir zur Kenntnis, dass die Familienpolitik im Koalitionsvertrag eine wichtige Rolle spielt. Familienpolitik ist nicht schmückendes Beiwerk, sondern wird als essentielle Aufgabe für die Gestaltung der Zukunft unseres Landes erkannt. Hier unterscheidet sich meine Bewertung von der des Katholischen Familienbundes. Ich hoffe, dass die familienpolitischen Signale des Koalitionsvertrages für eine Grundeinstellung stehen und auch zu politischen Umsetzungen führen.

Insbesondere die Entscheidung für ein Elterngeld stellt Weichen. Ausdrücklich begrüße ich die Einführung eines Elterngeldes, das als Einkommensersatzleistung konzipiert ist und zugleich für alle Eltern einen Sockelbetrag bietet, dessen Höhe freilich – und hier stimme ich dem Familienbund zu – noch der Diskussion bedarf. Das Elterngeld soll dazu beitragen, die wirtschaftliche Sicherung von Familien unmittelbar nach der Geburt eines Kindes zu verbessern und Einkommenseinbrüche zu vermeiden. Es soll, wie es ausdrücklich heißt, tatsächliche Wahlmöglichkeiten bei der Kinderbetreuung zwischen Vätern und Müttern eröffnen und die wirtschaftlichen Selbständigkeiten beider Elternteile fördern. Diese Ziele sind deckungsgleich mit dem, was wir zuletzt in der Erklärung "Partnerschaft und Elternschaft" formuliert haben: "Wir sehen keinen Gegensatz zwischen Elternschaft und Berufsorientierung: Im Gegenteil sind wir überzeugt, dass Frauen und Männer gleiche Teilhabechancen im Erwerbs- und Familienleben anstreben. Daher muss endlich echte Wahlfreiheit für Frauen und Männer gewährleistet und durch entsprechende arbeits- und sozialpolitische Regelungen sichergestellt werden – als Voraussetzung einer bevölkerungsbewussten, beziehungsfreundlichen und zukunftsorientierten Familienpolitik."

Bezüglich der Ausgestaltung des Elterngeldes nennt der Koalitionsvertrag einige Prüfaufträge. Dabei ist vor allem die Bemessungsgrundlage von Bedeutung. Es scheint sachgemäß, dass als Bemessungsgrundlage für die Höhe des Elterngeldes das individuelle Nettoerwerbseinkommen desjenigen Elternteils maßgeblich sein muss, der die Kinderbetreuung übernimmt. Das gemeinsame Nettoerwerbseinkommen der Eltern als Bemessungsgrundlage für die Höhe des Elterngeldes behindert dagegen die Verbesserung der tatsächlichen Wahlfreiheit, und zwar wegen seiner Anreizwirkung zugunsten einer traditionellen Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau. Es muss deutlich werden, dass das Elterngeld Vater und Mutter als Ersatz für ihren jeweiligen Beitrag zum Familieneinkommen zusteht, so dass beide unabhängig vom Anteil, den sie zum Familieneinkommen beisteuern, in gleicher Weise Erziehungszeit in Anspruch nehmen können. Das Elterngeld steht in Schweden daher Vater und Mutter zu gleichen Teilen zu; sie können sich diese Ansprüche gegenseitig weitgehend übertragen. Diesem Vorbild entsprechend könnte das Elterngeld in Deutschland einen wirklichen politischen Paradigmenwechsel markieren, insbesondere wenn es – wie in Schweden – für die Dauer von 1,5 Jahren und nicht nur von 12 Monaten gezahlt wird. Auf keinen Fall darf die Einführung des Elterngeldes dem Finanzierungsvorbehalt zum Opfer fallen.

Auch andere Vorhaben der Großen Koalition liegen auf unserer Linie: Die Beibehaltung des Ehegattensplittings sowie die Abschaffung der Steuerklasse V stärken die Ehe als gleichberechtigte Teilhabegemeinschaft. Da die Harmonisierung von Einkommensbegriffen und Einkommensgrenzen in verschiedenen Bereichen der Familienpolitik angekündigt wird, wäre aus unserer Sicht allerdings eine weiterreichende Harmonisierung von Familien-, Sozial- und Steuerrecht wünschenswert.

Über diese erfreulichen Aspekte im Koalitionsvertrag hinaus erwarten wir von der neuen Regierung, dass sie den Schutz und die Förderung von Partnerschaft und Ehe als öffentliche Aufgabe tatsächlich als solche anerkennt. Diesbezüglich sind die Signale im Vertrag bislang eher undeutlich. Deswegen fordern wir die Regierung auf, nicht durch rechtspolitische Entscheidungen, die in anderen Politikfeldern getroffen werden, jedoch Auswirkungen auf die Ehe haben, die Bedeutung von Partnerschaft und Ehe in Frage zu stellen.

Nach unserer Überzeugung hätte der Koalitionsvertrag die bedeutsame Aufgabe des Staates, das menschliche Leben von Beginn bis zum Ende zu schützen, an prominenterer Stelle hervorheben müssen. Denn einerseits ist die gesellschaftliche Einstellung zu dieser Frage eher unentschieden, andererseits war bei den biomedizinischen Themen und den Fragen nach dem Tod und dem Sterben der Menschen in der zurückliegenden Legislaturperiode eine größere Aufmerksamkeit erkennbar geworden. Daher wäre für die Aussagen zum Leben die Präambel ein geeigneter Ort gewesen. Inhaltlich geben die Ausführungen an den verschiedenen Stellen des Koalitionsvertrages jedoch Anlass zur Hoffnung, dass die neue Regierung den Lebensschutz ernst nehmen wird. So begrüßen wir ausdrücklich die Festschreibung ethischer Grenzen bei der Entwicklung des Potentials der regenerativen Medizin und die Konzentration auf die Förderung der ethisch unumstrittenen adulten Stammzellforschung. Es ist zudem wichtig, dass die neue Regierung sich zur vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Beobachtungspflicht bezüglich der Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch bekennt und insbesondere Maßnahmen zur Vermeidung von Schwangerschaftsabbrüchen bei zu erwartender Krankheit oder Behinderung des Kindes prüfen will. Die skandalöse Tatsache, dass in Deutschland so genannte Spätabtreibungen stillschweigend unter die medizinische Indikation subsumiert und damit legalisiert werden, hat auch katastrophale Folgen für das Rechtsbewusstsein. Es bedarf deshalb, wie wir schon wiederholt erklärt haben, dringend einer Änderung des Arzthaftungsrechtes, welche klarstellt, dass das Dasein eines Kindes nicht als Schadensquelle und die durch Geburt begründete Unterhaltspflicht für ein Kind nicht als Schaden behandelt werden darf. Wir fordern deshalb eine verbesserte Beratung bei pränataler Diagnostik sowie nach Diagnose einer nicht behebbaren Krankheit oder Entwicklungsstörung des Kindes mit dem Ziel des Lebensschutzes.

Unsere Unterstützung findet auch die angestrebte Stärkung der Hospizarbeit und der Palliativmedizin, um Menschen in ihrem Sterbeprozess angemessen zu begleiten und so ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Mit Hilfe unserer ad hoc Arbeitsgruppe "Patientenverfügung" unter der Leitung von Prof. Lob-Hüdepohl werden wir das in der jetzt begonnenen Legislaturperiode anstehende Thema hier in der Vollversammlung weiter begleiten und Vorschläge für eine der Problematik gerecht werdende gesetzgeberische Festlegung unterbreiten.

Verschiedentlich haben wir in der zurückliegenden Zeit auf die massiven Menschenrechtsverletzungen hingewiesen, die sich aus dem Menschenhandel mit jungen Frauen und Mädchen und deren Zwangsprostitution mitten in unserer Gesellschaft ergeben. Es handelt sich um ein lukratives Geschäft, bei dem Täter nicht belangt und Opfer nicht hinreichend geschützt werden. Offensichtlich wirkt sich das 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten zu Ungunsten der Frauen und zu Gunsten der Menschenhändler und Zuhälter aus. Deshalb ist es mehr als überfällig, dass – wie anerkennenswerter Weise im Koalitionsvertrag festgehalten – dieses Gesetz überprüft wird und unmittelbar Maßnahmen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution ergriffen werden. Dazu gehört auch die so genannte Freierbestrafung, denn mit einer solchen Regelung würde endlich der Aspekt der Nachfrage und des Kundenverhaltens in den Fokus des Interesses und der strafrechtlichen Verfolgung kommen.

Soziales und Bildung

Die große Koalition bezeichnet den Abbau der Arbeitslosigkeit als zentrale Verpflichtung ihrer Regierungspolitik. Dafür ist sie auf die Unterstützung vieler Akteure angewiesen – der Länder, der Kommunen, der Wirtschaft. Die Aufgabe, unter den Vorzeichen der Globalisierung die Teilhabechancen der Arbeitslosen, gerade der schlecht Qualifizierten, nachhaltig zu verbessern, ist objektiv schwer. Ausdrücklich begrüße ich, dass sich die Koalition für den mühsamen, aber letztlich wohl einzig erfolgreichen Weg der kontinuierlichen Fortentwicklung unserer sozialen Marktwirtschaft entscheidet.
Weder das skandinavische Modell eines umfassenden steuerfinanzierten Wohlfahrtsstaats, noch das angloamerikanische Modell einer bloßen Grundabsicherung der Lebensrisiken in öffentlicher Verantwortung sind für uns die besseren Alternativen zum europäischen Sozialmodell, das eine beitragsfinanzierte Sozialversicherung kombiniert mit Angeboten einer sozialen Infrastruktur.

Ob die Regierung die Kraft haben wird, die Sozialversicherung in ihren verschiedenen Sparten in den nächsten Jahren so zu reformieren, dass Fehlentscheidungen der Vergangenheit korrigiert und demographische Herausforderungen angenommen werden, wissen wir noch nicht. Bei Gesundheit und Pflege sind die Entscheidungen ja weitestgehend vertagt. Was aber zur Rentenversicherung in den Koalitionsvertrag Eingang gefunden hat, weist in eine Richtung, die der im Eckpunktepapier des ZdK aus dem vergangenen Jahr in weiten Teilen entspricht. Die große Koalition hält fest an der Beitragsbasierung, sie erhöht nach einem verlässlichen und an der Verlängerung der Lebenszeit orientierten Verfahren das Renteneintrittsalter. Sie flankiert dies durch die Verbesserung lebenslangen Lernens und der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer. Altersvorsorge von Eltern wird eigens gefördert.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Beschäftigte im Niedriglohnsektor sollen überprüft werden. Ziel muss es sein, die Chancen niedrig qualifizierter Menschen auf einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu verbessern. Der Vorschlag des Koalitionsvertrages, dafür tragfähige Kombi-Lohn-Modelle zu entwickeln, verdient in jedem Fall eine wohlwollende Prüfung. Wir werden im Sachbereich 3 die Diskussion um den "gerechten Lohn" mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen und dazu eigene Positionen erarbeiten. Hoffnungsvoll stimmt, dass die Koalition die Arbeitsmarktreformen der letzten Legislaturperiode auf Webfehler hin überprüfen will. Zu Hartz IV ist sowohl die Frage der Auswirkungen auf Frauen als auch auf Partnerschaften ausdrücklich angesprochen. Aus Sicht des ZdK muss die Sozialgesetzgebung positive Anreize dafür schaffen, dass Langzeitarbeitslose sich auf die Solidarität der kleinen Gemeinschaften und subsidiären sozialen Netze in Familie und Lebensgemeinschaft stützen können, und Verlässlichkeit und gegenseitige Verantwortung in Bedarfsgemeinschaften belohnen.

Das Thema Bildung und Qualifizierung will ich bei der Bewertung der Koalitionsvereinbarungen nur streifen, weil wir darauf beim nächsten Tagesordnungspunkt zurückkommen werden. Offensichtlich ist: Die Koalition hat die herausragende Bedeutung lebenslangen Lernens – von der frühkindlichen Bildung bis zur Qualifikation älterer Arbeitnehmer – erkannt und bei ihrer Schwerpunktsetzung ausführlich berücksichtigt. Weiterbildung soll mittelfristig zur 4. Säule des Bildungssystems gemacht werden. Die Insolvenzsicherung von Arbeitszeit- und Lernzeitkonten durch gesetzliche Rahmen-bedingungen wird angekündigt. Die öffentlichen Forschungsausgaben sollen auf 3% des Bruttoinlandsproduktes steigen, ethische Prinzipien und wissenschaftlicher Fortschritt sollen dabei miteinander in Einklang stehen.

Zur Frage der Studiengebühren hält der Koalitionsvertrag fest, dass die Koalitionspartner unterschiedlicher Auffassung sind. Die Koalition ist allerdings gefordert, die Fakten zu akzeptieren, die in einigen Bundesländern neu und in unseren europäischen Nachbarländern längst geschaffen wurden. Denn es wird Studiengebühren geben. Hier verweise ich auf unsere Eckpunkte, die Professor Sternberg vor wenigen Wochen in Bonn vorgestellt hat und die morgen Thema eines eigenen Arbeitskreises sind.

Persönlich will ich an dieser Stelle nicht verhehlen, dass nach meiner Überzeugung die Koalition bei der – als solche unbestreitbar notwendigen – Föderalismusreform in Bezug auf die Verantwortung für Bildung und Wissenschaft einen falschen Weg geht.

Integration

Wie wichtig Bildung als nationale Aufgabe ist, dazu liefern uns die brennenden Autos und Schulen in Frankreich gerade eine drastische Lektion. Und auch wenn wir nicht die gleiche Situation in Deutschland haben, so sollten wir uns doch keine Illusionen machen. Nicht zuletzt deshalb, weil vielen in Deutschland das französische Modell bisher als vorbildlich erschien. Und dieses Modell besagt: Jeder in Frankreich Geborene ist Bürger der Französischen Republik. Und deren Werte „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ bilden eine verlässliche und ausreichende Klammer über alle kulturellen Unterschiede hinweg, die jedermanns Privatangelegenheit sind. Gewiss: Die Ursachen für den gewalttätigen Aufruhr liegen in der Perspektivlosigkeit dieser Jugendlichen, die zu vierzig Prozent arbeitslos sind, also in ihrer sozialen Exklusion. Genau dieses Problem wächst aber auch in deutschen Städten, vorzugsweise, wenn auch keineswegs ausschließlich, unter Migranten und deren Nachkommen. Mit dem Ruf nach Gleichbehandlung wird man dieser Exklusion nicht allein entgegentreten können. Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist gewiss wichtig und richtig gegenüber Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Aber er geht ins Leere, wenn es um die Haltungen und Fähigkeiten der Jugendlichen geht. Wer die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrscht, wer keinen Schulabschluss hat und keine berufliche Ausbildung, wer in seiner Lebenseinstellung und in seinen Haltungen nicht bereit ist, den Erfordernissen einer modernen Gesellschaft zu genügen, dem kann auch dieser Grundsatz nicht helfen. Ganz wesentlich sind vielmehr die kulturellen Voraussetzungen, ob man in einer Gesellschaft Chancen hat und als Gleichberechtigter integriert wird. Ethnische und religiöse Unterschiede werden dann zur Katastrophe, wenn diese Integration auf der Grundlage der im Lande geschichtlich gewachsenen Kultur nicht gelingt. Die schlichte und traurige Wahrheit ist: Jede Zurücknahme kultureller Ansprüche und Forderungen durch Staat und Gesellschaft, insbesondere in ihren Bildungsinstitutionen, verschärft die sozialen Unterschiede und vermehrt den sozialen Sprengstoff. Das gilt gleichermaßen für Migranten und für Deutsche aus bildungsfernen Schichten. Auch aus diesem Grunde gibt es neben der Familie überhaupt keine wichtigeren Institutionen für die Zukunft unseres Landes als die Schulen und Hochschulen.

Dass die große Koalition die Integration von Ausländern und Aussiedlern als einen Schwerpunkt ihrer Politik ansieht, verdient Anerkennung und Unterstützung. Der beabsichtigte Ausbau schulischer und außerschulischer Bildungs- und Betreuungsangebote für Migrantenkinder, die Einbeziehung der Eltern in diese Angebote, die geplanten Maßnahmen zur besseren Integration der ausländischen Frauen sind gute Ansätze. Auch die Absicht, das Problem der Kettenduldungen zu prüfen, ist zu begrüßen. Ein längerfristiges Gesamtkonzept ist freilich nicht erkennbar.

Wir können es uns nicht leisten, dass 20 % der ausländischen Jugendlichen ohne Schulabschluss und nahezu 40% ohne jegliche Berufsausbildung bleiben. Daher sind Sprachförderung bereits im Vorschulalter, Maßnahmen der Berufsvorbereitung und der beruflichen Nachqualifizierung, Angebote zur Förderung und Unterstützung der Familien, um nur einige Punkte herauszugreifen, Investitionen in die Zukunft. Erfreulich ist, dass die neu eingerichteten Sprachkurse gerade von schon länger in Deutschland lebenden Ausländern stark nachgefragt werden. Es gibt nicht nur die Tendenz zur Abschottung, sondern auch den Willen zur Integration. Wir erwarten von der Bundesregierung und den Ländern, dass die Mittel für die Sprachkurse zumindest nicht gekürzt werden. Wir alle müssen uns fragen, wie es um die Gleichbehandlung der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im täglichen Leben steht, beispielsweise bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, einer Arbeitsstelle oder einer Wohnung.

Armutsbekämpfung und Millenniumsziele

Zu den positiven Ansätzen der Koalitionsvereinbarung in der Entwicklungspolitik gehören die Schritte zur Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele, damit die Situation der übergroßen Mehrheit von armen Menschen in der Welt verbessert werden kann. Es ist gut, dass der Koalitionsvertrag die Pflicht der Industrie- wie der Entwicklungsländer zu entschiedenem Handeln hierzu in Erinnerung ruft. Der Koalitionsvertrag bekundet die Absicht, die Welthandelsordnung stärker als bisher auf die Armutsminderung auszurichten.

Schon in der zurückliegenden Vollversammlung haben wir uns mit den Millenniumsentwicklungszielen beschäftigt und die Erklärung "Frieden braucht Entwicklung!" beschlossen. Dabei waren wir uns dessen bewusst, dass dem Jahr 2005 eine wichtige Bedeutung für die Frage zukommt, ob die Millenniumsentwicklungsziele erreicht werden. Nach einem Drittel der Frist zur Verwirklichung der Ziele geht es darum, kritisch Bilanz zu ziehen und die Anstrengungen zur Armutsbekämpfung in Entwicklungs- und Industrieländern deutlich zu erhöhen. Ausdrücklich begrüßen will ich daher, dass sich die Koalition auf einen verbindlichen Zeitplan verständigt hat, bis zum Jahre 2015 in mehreren Stufen zu erreichen, dass 0,7% des Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufgebracht werden. Angesichts unserer Haushaltsprobleme scheinen mir dafür innovative Finanzierungsinstrumente unverzichtbar, so die schon mehrfach ins Gespräch gebrachte Abgabe auf Flugtickets. Wichtige entwicklungspolitische Ereignisse der letzten Monate waren der G 8-Gipfel im schottischen Gleneagles, bei dem Maßnahmen zum Schuldenerlass für die ärmsten Entwicklungsländer beschlossen sowie Zusagen für finanzielle Entwicklungszusammenarbeit gegeben wurden, und der so genannte Millennium+5-Gipfel im Zusammenhang mit der UN-Generalversammlung, dessen Bilanz ambivalent ausfiel. Wichtigen Fortschritten stehen enttäuschende, weil nur unverbindliche Absichtserklärungen gegenüber.

Mit unseren französischen Partnern, den Semaines sociales de France unter der Präsidentschaft des früheren Generaldirektors des Internationalen Währungsfonds, Michel Camdessus, sind wir uns einig, dass die in den kommenden Monaten anstehenden Verhandlungsrunden der Weltgemeinschaft genutzt werden müssen, um die ehrgeizigen Millenniumsziele zur Armutsbekämpfung realisieren zu können. Eine wichtige Etappe ist dabei das im Dezember stattfindende Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) in Hongkong. Dort sollen verbindliche Modalitäten bei den Marktzugangsthemen Agrar- und Industriezölle vereinbart werden, damit die Märkte der Industrieländer für Produkte aus Entwicklungsländern geöffnet werden. Die bekannt gewordenen Zwischenergebnisse des vorbereitenden Ministertreffens verheißen freilich nichts Gutes, weil kein Kompromiss beim Abbau der Agrarzölle erreicht werden konnte. Wir fordern deshalb die Verhandlungsführer Deutschlands und der Europäischen Union mit Nachdruck zu verstärkten Bemühungen auf, damit aus der Verhandlungsrunde in Hongkong doch noch ein Erfolg werden kann. Es geht um verbindliche Schritte der Industrieländer zum Abbau des Protektionismus in seinen vielfältigen Formen, um den Verzicht auf Subventionen für nicht konkurrenzfähige Exporte, um Handelserleichterungen für ökonomisch schwache Länder und um die Stabilisierung von globalen Finanz- und Währungsmärkten. Darüber hinaus müssen die Schwellenländer sich dazu verpflichten, ihre Industriezölle zu senken. Denn dies liegt auch im Interesse der armen Länder. Die Verhandlungsrunde in Hongkong muss zu einem Erfolg geführt werden, denn gerechtere Handels- und Wirtschaftsbeziehungen sind eine wesentliche Voraussetzung für die wirksame Armutsbekämpfung in der Welt.

Unverantwortliche Äußerungen des iranischen Präsidenten

Mit großer Besorgnis haben wir die Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad anlässlich der Iranischen Konferenz "Eine Welt ohne Zionismus" vom 26. Oktober 2005 zur Kenntnis genommen. Hierin rief der iranische Präsident mit scharfen Worten zum Krieg der islamischen gegen die westliche Welt auf und zielte unverhohlen auf die Zerstörung Israels. Solche Äußerungen kann man angesichts der ohnehin prekären Lage im Nahen Osten nur als Brandstiftung bezeichnen. Wir sind sehr besorgt über das Destabilisierungspotential, das die neue iranische Führung durch ihre Äußerungen zum Umgang mit Atomwaffen und durch ihre Drohungen gegen Israel und die gesamte westliche Welt in den Nahen Osten einbringt. Wir fordern ein Ende dieser eindeutig nicht auf den Frieden ausgerichteten Politik.

Weltjugendtag und Bischofssynode

Zwei große Ereignisse sind es, die im Berichtsraum für die Katholische Kirche und über sie hinaus von herausragender Bedeutung sind – der Weltjugendtag in Köln und die Bischofssynode in Rom. Mehr als eine Million junger Christen aus aller Welt haben sich in Köln zu ihrem Glauben bekannt und der Öffentlichkeit gezeigt, dass ihnen das Evangelium für ihr Leben wichtig ist. Damit wurde ein weiteres Mal die Behauptung widerlegt, Glauben und Kirche seien Elemente einer dahin sterbenden Vergangenheit. Ein Glauben, der in den Herzen junger Menschen lebt, wird auch die Zukunft prägen. Unser Heiliger Vater, Papst Benedikt XVI., der in der Nachfolge von Papst Johannes Paul II. der Einladende war, hat in anrührender Weise durch sein Auftreten und durch seine Predigten das Ereignis ganz auf Christus gelenkt, so wie es das Leitwort des großen Treffens nach dem Bekenntnis der drei Weisen ausdrückte: „Wir sind gekommen, um ihn anzubeten“. Mit Freude konnten wir feststellen, dass der deutsche Beitrag zum Erfolg in Köln und bei den vorhergehenden Begegnungen in den Bistümer ganz entscheidend auf der Leistungskraft des organisierten Laienkatholizismus basiert: Auf dem Einsatz der im BDKJ vereinigten katholischen Jugendverbände wie auf der Arbeit vieler Katholiken in unseren Verbänden und Räten und in den Werken. Es gibt eben keinen Gegensatz zwischen Anbetung und dem Engagement in Kirche und Gesellschaft, sondern das Engagement erwächst aus Anbetung und Glaubenszeugnis. Leben aus dem Glauben ist keine individualistische, sondern eine mitmenschliche Sache. Darum danke ich dem BDKJ nicht zuletzt für die Internationale Jugend-Anhörung zur sozialen Gerechtigkeit, die im Rahmen des Weltjungendtages stattfand. Auch wenn viele jungen Menschen heute – insbesondere bei der Bedeutung von Strukturen – andere Akzente setzen als die Generation ihrer Eltern, so ist es schlicht nicht wahr, wenn behauptet wird, der Zustand der Kirche als Institution sei für sie ohne Interesse. Übrigens hat dies unmittelbar vor dem Weltjugendtag auch eine Studie über 16- bis 29-jährige Katholiken gezeigt, die unter der Verantwortung von Dr. Thomas von Mitschke-Collande (McKinsey) stand. Junge Katholiken, insbesondere die regelmäßigen Gottesdienstbesucher zeichnen sich (ähnlich wie junge Protestanten) durch Lebensoptimismus, Selbstbewusstsein und Bereitschaft zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung aus. Wörtlich will ich zitieren, was über die Haltung junger Katholiken, die sich ihrer Kirche verbunden fühlen, gesagt wird: „Größeres Vertrauen in die Institution Kirche ist gepaart mit einem deutlich ausgeprägteren Sinn für deren institutionellen Verbesserungsbedarf.“ Das ist genau die Position der katholischen Mitte, die sich um die Kirche sorgt, weil sie die Kirche liebt, und die weiß, dass man die Kirche nur im Geist der Verbundenheit mit ihr erneuern kann. Bekanntlich hatte es im Vorfeld einzelne Versuche gegeben, den Kölner Weltjugendtag als Zeichen gegen die Mitte des deutschen Katholizismus zu deuten. Ein grotesker Höhepunkt war dabei die Behauptung, die Würzburger Synode, deren 30-jähriges Jubiläum wir heute feiern wollen, und alles, wofür sie steht, drücke den Geist der Achtundsechziger aus. Im Rückblick ist dies zur erheiternden Fußnote geworden.

Mit großer Aufmerksamkeit haben wir die römische Bischofssynode verfolgt. Eingehend behandelte sie das große Thema der Eucharistie, wobei zugleich der weite und vielfältige Erfahrungshorizont innerhalb der Weltkirche deutlich wurde. Nach dem Willen des Heiligen Vaters ist die Synode stärker als früher zu einem Ort des freimütigen Gesprächs geworden. Damit führte Papst Benedikt XVI. seine Strategie der Gesprächseinladungen und des aufmerksamen Zuhörens weiter, mit der er in den ersten Monaten seines Pontifikats Aufmerksamkeit erregte. Wir sehen das weite Spektrum, das seine Gesprächspartner bilden, und halten es für unangemessen, diese dialogische Vorgehensweise mit überzogenen Erwartungen zu belasten. Aber dass der neue Papst auf diese Weise bereits die Atmosphäre in der Kirche beeinflusst hat, ist gleichwohl unverkennbar. Und darüber freuen wir uns.

Der Konflikt in Regensburg

Leider kann das nicht für alles gelten, was heute aus dem kirchlichen Leben zu berichten ist. Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat seinen Konfrontationskurs fortgesetzt und sich jetzt offen gegen die Ergebnisse der Gemeinsamen Synode in Würzburg gestellt. Am 15. November hat Bischof Müller den Katholikenrat der Diözese Regensburg abgeschafft, was einen offenen Rechtsbruch darstellt. Zugleich hat er als Laienvertretung ein „Diözesankomitee zur Koordinierung des Laienapostolats der Katholischen Verbände und Geistlichen Gemeinschaften“ eingeführt, dessen Statut das Element der Räte völlig ignoriert und dem Beschluss der Würzburger Synode „Verantwortung des ganzen Gottesvolkes für die Sendung der Kirche“ in eklatanter Weise widerspricht. Außerdem schafft er einen Diözesanpastoralrat, was der Katholikenrat der Diözese schon lange angeregt hatte. Tatsächlich liegt Bischof Müllers Vorgehen ein absichtsvoll verwirrendes Spiel mit den beiden unterschiedlichen Gremien „Diözesanpastoralrat“ und „Katholikenrat der Diözese“ zugrunde. So war es ihm offenbar auch möglich, die Kleruskongregation ins Spiel zu bringen. Die näheren Umstände dieses Vorganges verlangen nach Aufklärung, wobei ich hier ganz auf die Vorsitzenden der Deutschen und der Bayerischen Bischofskonferenz vertraue, an denen vorbei öffentlich in Belange der Kirche in Deutschland interveniert wurde. Ganz unabhängig davon steht jedenfalls Folgendes fest: Die Katholikenräte in Deutschland, deren Modell die Gemeinsame Synode in Würzburg auf der Grundlage des Konzilsdekrets Apostolicam actuositatem entwickelt hat, sind keineswegs, wie aus Regensburg zu hören ist, durch neuere Entwicklungen der Ekklesiologie überholt. In Wahrheit steht die paternalistische und autokratische Auffassung vom Bischofsamt, die Gerhard Ludwig Müller jetzt in die Praxis umsetzt, in einem unübersehbaren Gegensatz zur Sicht der Kirche und des kirchlichen Amtes in der dogmatischen Konzilskonstitution Lumen Gentium. Auch das neue kirchliche Gesetzbuch, der CIC von 1983, liefert kein einziges Argument gegen die Katholikenräte in Deutschland. Denn die im Konzilsdekret Apostolicam actuositatem angeregten Räte werden im CIC – im Gegensatz zum Pastoralrat – überhaupt nicht behandelt. Da es also hier keine universalrechtlichen Normen gibt, gelten weiterhin jene partikularrechtlichen Regelungen, die durch die Würzburger Synode entstanden sind. Allerdings gibt es Normen im neuen CIC, die hier einschlägig sind, nämlich die ausdrückliche Anerkennung der Koalitionsfreiheit der katholischen Laien und das ihnen garantierte Recht der freien Meinungsäußerung in kirchlichen Dingen. Beides trifft auf die Katholikenräte zu, die bekanntlich die Würzburger Synode - einem nach 1945 entstandenen Sprachgebrauch folgend - als „Zusammenschlüsse“ charakterisiert hat. Und beide Rechte - das Koalitionsrecht katholischer Laien und ihr Recht auf freie Meinungsäußerungen zu kirchlichen Dingen - sind von Bischof Gerhard Ludwig Müller mehrfach in eklatanter Weise verletzt worden.

Der Bischof von Regensburg steht mit seiner Haltung allein. Und diese Tatsache kann, ja, muss man auch positiv formulieren: Es gibt in keinem anderen deutschen Bistum einen solchen Konflikt. Ich danke allen Bischöfen, die dies für sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgestellt haben. Und ich danke ganz generell allen Bischöfen für ihre gute Zusammenarbeit mit den Katholikenräten. Mein besonderer Dank geht an den Erzbischof von München und Freising und Vorsitzenden der Bayerischen Bischofskonferenz, Kardinal Friedrich Wetter, für seine noble und unmissverständliche Haltung in dieser Frage. Lassen Sie mich diesen Berichtspunkt mit einer klaren Feststellung abschließen: Für uns kann dieser Konflikt nur durch eine Lösung im Geiste des Würzburger Beschlusses „Verantwortung des ganzen Gottesvolkes für die Sendung der Kirche“ beendet werden.

Bestärkt und ermutigt fühlen wir uns zu dieser Haltung durch das Memorandum „Wo katholische Laien ‚Salz der Erde’ sind“, in dem auf Bitten des Präsidiums des ZdK Persönlichkeiten aus der Theologie, der Kanonistik und der Politikwissenschaft sowie aus Laiengremien zu Fragen Stellung nehmen, welche die Vorgänge in Regensburg aufwerfen. Es sind dies Prof. Peter Hünermann, Prof. Klaus Lüdicke, Prof. Hans Maier, Helmut Mangold, Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Prof. Peter Neuner, Prof. Bernhard Sutor und Frau Barbara Wieland, Mitglied des Präsidiums der Diözesanversammlung im Bistum Limburg. Das Memorandum wurde gestern veröffentlicht. Sie finden es in Ihren Tagungsunterlagen, ebenso wie einen Vortrag von Prof. Hans Maier zur ehrenamtlichen Laienarbeit in der Kirche. Beide Texte empfehle ich dringend zur Lektüre und zur möglichst weiten Verbreitung.

96. Deutscher Katholikentag Saarbrücken 2006

Mit freudiger Erwartung sehen wir für 2006 dem 96. Deutschen Katholikentag in Saarbrücken entgegen. Es ist wirklich ein Geschenk der Geschichte, dass die Tradition der Katholikentage den deutschen Laien die Chance gibt, sich – zusammen mit ihren Bischöfen – regelmäßig öffentlich zu versammeln, um ihren Glauben zu feiern und zu bezeugen und um sich den Themen des Tages in Kirche und Gesellschaft zu stellen. Durch die Katholikentage und die Evangelischen Kirchentage haben die Christen in Deutschland eine hervorragende Möglichkeit, einmal im Jahr in die Mitte der Öffentlichkeit unseres Landes zu treten und unüberhörbar in die gesellschaftlichen Debatten einzugreifen. Für den Katholikentag in Saarbrücken können wir mit Fug und Recht sagen, dass sein Leitwort den Nerv der Zeit trifft und zugleich ganz aus der Mitte des Glaubens kommt. „Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht“ – dieses Wort erinnert an unsere gesellschaftliche Verantwortung und weist uns auf Gott als Quelle und Maßstab aller Gerechtigkeit hin. Er ist es, der unser Streben nach Gerechtigkeit erfüllt und in seiner Barmherzigkeit übersteigt. Gerechtigkeit – das ist heute zugleich ein Thema der deutschen und der europäischen Zukunftsdebatte. Darum ist es unser Ziel, den besonderen Charakter des Ortes zu nutzen und diesem Katholikentag einen erkennbar europäischen Charakter zu geben. Die Nachbardiözesen des gastgebenden Bistums Trier und die europäischen Nachbarn des Saarlandes werden in die Vorbereitung und Durchführung einbezogen. Junge Menschen können in Saarbrücken ihre grenzüberschreitende Erfahrung von Köln fortsetzen. Selbstverständlich wissen wir auch, dass sich die europäischen Chancen Saarbrückens aus seiner Grenznähe ergeben, die es wiederum für viele in Deutschland zu einer eher fernen Stadt macht. Daher richte ich an Sie alle den eindringlichen Appell: Helfen sie alle mit, dass Saarbrücken 2006 ein Erfolg wird. Scheuen Sie bitte die Ferne und die Mühe nicht, sondern kommen Sie mit vielen Freunden und Verwandten: Jeder Katholikentag ist eine wichtige Erfahrung und ein kostbares Erlebnis. In ihnen spiegelt sich die Vitalität unserer Kirche. Tragen Sie bei zu diesem Ereignis christlichen Lebens in Deutschland und Europa!

Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, Präsident des ZdK

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