Bericht zur Lage Teil 1, Rede des ZdK-Präsidenten 05/2011
Rede von Alois Glück im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) -es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
vor wenigen Tagen erhielt ich folgende Zuschrift:
"Wir befinden uns in einer sehr risikoreichen Zeitenwende, ob es uns passt oder nicht. Arabien, Fukushima, Libyen, Afghanistan, Euro-Krise, Pleitestaaten, um nur einige 'Hotspots' (Brennpunkte) zu nennen. Kirchen, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, sie alle bieten keine wirklich überzeugenden Lösungsvorschläge. Die Orientierungslosigkeit wird noch drastisch zunehmen, der Druck im Kessel steigt. Kommt es zu einem kreativen Durchbruch oder zur Katastrophe?" Soweit das Zitat.
Man muss es nicht so drastisch sehen, aber die Zeichen der Zeit weisen auf Umbruch und auf tief greifende Veränderungen – in allen Lebensbereichen, einschließlich der Kirche. Die vorherrschende Reaktion ist: Verunsicherung und Verdrängung. Die Zeichen der Zeit wahrnehmen, annehmen und darin nach dem Willen Gottes und der Botschaft für uns zu suchen, ist eine besondere Aufgabe der Glaubenden.
Ich will mich in meinem Bericht zunächst auf einige Entwicklungen in Gesellschaft und Staat, im eigenen Land und in der Welt konzentrieren. (Zu den Entwicklungen in unserer Kirche werde ich in der Einleitung zum Tagesord-nungspunkt Dialogprozess Anmerkungen machen.)
1. Energiepolitik
Die unfassbare Reaktorkatastrophe in Japan hat – als einschneidendes Erlebnis und Grenzerfahrung menschlichen Handelns – in Deutschland zu einer intensiven Debatte über einen Ausstieg aus der Atomenergie und über eine grundlegende Energiewende geführt. Für eine langfristige und nachhaltige Umorientierung der deutschen Energiepolitik braucht es eine ehrliche und offene Diskussion über die Risiken und Chancen aller Energiealternativen und Handlungsoptionen.
Meines Erachtens gibt es in der ethischen Bewertung und Auseinandersetzung um die Atomenergie zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Erstens eine grundsätzliche Ablehnung der Atomenergie mit der Begründung, dass diese Energieform mit ihren vielfältigen Risiken das menschliche Handeln überfordere.
Diese Position hat der Philosoph Robert Spaemann deutlich formuliert und auf ihn hat sich auch Kardinal Höffner in seiner Grundsatzrede vor der Bischofskonferenz 1980 bezogen.
Sie setze einen fehlerfreien und zuverlässigen Menschen voraus, nicht nur für die gegenwärtige Zeit des Betriebs von Kernkraftwerken, sondern wegen der Langzeitfolgen auch weit darüber hinaus. Diesen perfekten Menschen dürfe man nicht zur Grundlage solcher Entscheidungen machen. Außerdem hätten wir nicht das Recht, um unseres Wohlstandes willen nachfolgende Generationen mit diesen Risiken festzulegen.
Die zweite Position stellt die Güterabwägung zwischen verschiedenen Alternativen sowie Risiken und Chancen in den Vordergrund, weiß sich jedoch der Risikominimierung als Bewertungsmaßstab verpflichtet. Um zu einem gesellschaftlichen Konsens zur Energiewende zu kommen, halte ich letztere Herangehensweise für den realisierbaren Weg. Unsere Position ist klar: So rasch wie möglich aus der Kernenergie aussteigen!
Im Jahr 2011 befinden wir uns prinzipiell in einer anderen Situation als bei der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986. Damals galt der verstärkte Einsatz fossiler Brennstoffe als einzige Alternative zur Kernenergie, inklusive der damit verbundenen Auswirkungen auf die Erdatmosphäre, die bereits damals bekannt waren. Heute hingegen existiert ein beachtliches und weiter ausbaufähiges Potential von erneuerbaren und regenerativen Energien als alternative Energieträger. Ihr Einsatz ist mit wesentlich weniger Risiken und denkbaren Schadensauswirkungen verbunden. Wir müssen alles dafür tun, den Ausbau der regenerativen Energieträger auszuweiten. Das ist ein konkreter Einsatz zur Bewahrung der Schöpfung!
Eine ethische Bewertung – und eine realistische, pragmatische Politik – müssen aber auch die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen eines solchen Umstellungsprozesses mit einbeziehen und beachten. Hier sind zunächst eine etwaige Beeinträchtigung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu nennen. Dazu gehören aber auch die Folgen höherer Energiepreise für einkommensschwache Gruppen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Ausbau der regenerativen Energien unser Land und unsere Umwelt ebenfalls verändern und seine Spuren im Landschaftsbild hinterlassen wird.
Zudem darf für die Gestaltung der Energiewende in Deutschland die internationale, insbesondere die europäische Ebene nicht außer Acht gelassen werden. Die meisten unserer europäischen Nachbarländer sind zurzeit nicht bereit, den gleichen Weg zu gehen, wie wir. Dies kann jedoch, lassen Sie mich das so deutlich sagen, kein Grund sein, das sachlich Richtige im eigenen Lande nicht zu tun! Insbesondere durch grenznahe Kernkraftwerke in Nachbarstaaten besteht weiterhin ein Risikopotential. Wir fordern einen glaubwürdigen und einheitlichen "Stresstest" für alle Kernkraftwerke in der EU! Ein Schadensfall in Europa trifft uns alle und hätte unvorstellbare Auswirkungen!
Es ist geradezu absurd, wenn durch EU-Richtlinien Details z. B. von Naturschutzgebieten und Wasserschutzgebieten festgelegt werden, wenn Europa aber in dieser fundamentalen Frage, in der wir in Europa eine Schicksalsgemeinschaft sind, zu einer gemeinsamen entsprechend strengen Regelung nicht in der Lage ist.
Grundsätzlich muss bei der Gestaltung des Prozesses, insbesondere wegen seiner Signalwirkung für die internationale Entwicklung, die Sicherheit für das Gelingen Vorrang gegenüber der Geschwindigkeit des Prozesses haben, auch wenn es für die politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen reizvoll sein mag, sich hier gegenseitig mit ihren Laufzeitvorschlägen zu unterbieten.
Die Bewertung der Risiken und Belastungen einer konsequenten und langfristigen Energiewende sollte nicht deren große Chancen verdecken. Deutschland hat jetzt – in dieser historischen Situation – die Möglichkeit, Vorreiter zu sein. Wir können mit einer risikoärmeren, dauerhaft umweltverträglichen sowie gesellschaftspolitisch akzeptierten Energieversorgung ein attraktives Beispiel geben. Wir können auch global einen Erfolg versprechenden Weg für die Zukunft aufzeigen.
Denn der bisherige westliche Weg mit seinem Energie- und Ressourcenverbrauch ist kein Modell für die Mehrheit der Weltbevölkerung in ihrem Anspruch auf bessere Lebensbedingungen. Damit würde die Erde hoffnungslos übernutzt und überfordert. Wir würden auf einen Kollaps unseres Öko-, Wirtschafts- und Gesellschaftssystems zusteuern. Diese Einsicht ist allgemein da, aber wir sind bisher nicht entschlossen genug bereit, entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Wir haben aber nicht das Recht, anderen Völkern bessere Lebensbedingungen zu verweigern, weil unser Weg, der weithin auch zu ihren Lasten geht, unseren gemeinsamen Planeten schon überlastet. Deshalb ist es gerade unsere besondere Verpflichtung, ihnen mit unserem eigenen Beispiel einen besseren Weg aufzuzeigen, der für uns alle gemeinsam eine positive Perspektive ist.
Unser bisheriges Handeln ist in erster Linie auf die Bewahrung unserer Besitzstände ausgerichtet und erfolgt auf Kosten unserer Nachkommen. Weite Teile der Gesellschaft ignorieren bisher den politischen und strukturellen Handlungsbedarf sowie auch die Notwendigkeit, die eigene Lebensweise zu ändern. Das Projekt Energiewende berührt daher eine größere, unsere grundlegende gesellschaftliche Krise. Deshalb müssen wir uns – in der Debatte über die Energiewende, aber auch grundsätzlich – folgenden zentralen Fragen neu stellen und sie ernsthaft diskutieren: Wie wollen wir morgen leben? Welchen Fortschritt wollen wir? Wollen wir wie bisher die technischen Entwicklungen linear fortschreiben? Oder haben wir die Kraft, alternative Entwicklungen anzustoßen, mit denen Errungenschaften möglichst erhalten, gleichzeitig aber die Schattenseiten der bisherigen Entwicklung kompensiert werden? Was verstehen wir unter Wohlstand? Und wie werden wir unserer Verantwortung gegenüber den Nachkommen gerecht?
In der Gestaltung der Energiewende wird sich entscheiden, ob wir endlich ernst machen mit den Themen Zukunftsverantwortung und Nachhaltigkeit und ob wir als Gesellschaft zu einem langfristig ausgerichteten Kurswechsel in der Lage sind.
Wir müssen endlich unsere Zukunftsverantwortung ernst nehmen. Dafür wollen wir auch bei unserem Katholikentag 2012 in Mannheim ein kraftvolles Signal geben.
2. Wandel im arabischen Raum
Durch die politischen Unruhen und den dadurch eingeleiteten politischen Wandel in den Staaten Nordafrikas wurde uns vor Augen geführt, was die Sehnsucht nach Demokratie und Freiheit in Verbindung mit sozialer Not und einer neuartigen Mobilisierung über Kommunikationsmedien in Bewegung zu setzen vermag. Noch ist die Situation in vielen Staaten sehr unsicher, aber schon jetzt ist festzustellen, dass autoritäre Systeme ins Wanken geraten und gestürzt sind und dass es keine islamische Revolution und kein religiöser Fundamentalismus waren, die dazu geführt haben. Vielmehr stellen wir fest, dass es in den islamisch geprägten arabischen Staaten ein zuvor unterschätztes Potential für Demokratisierung und gesellschaftliche Modernisierung gibt. Hoffen wir auf eine gute weitere Entwicklung.
Wir erleben in diesem Zusammenhang auch einen anderen Islam, als er bislang diesen Ländern zugeordnet wurde. Und wir erleben, wie facettenreich der Islam ist. Welche Auswirkungen diese gesellschaftlich-politischen Entwicklungen auf die weitere Entwicklung des Islam haben, ist ebenfalls offen, aber auch eine wichtige Perspektive.
Diese Entwicklungen spielen sich nicht nur vor unserer europäischen Haustür ab, sondern betreffen unmittelbar die europäische Politik. Dies wird nicht erst durch die militärische Intervention westlicher Staaten in den libyschen Bürgerkrieg offenkundig, sondern insbesondere durch die steigende Anzahl von afrikanischen Flüchtlingen. Zu all diesen Fragen haben wir erheblichen Beratungsbedarf.
Aus aktuellen Gründen möchte ich hier einfügen: Angesichts der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und koptischen Christen in Ägypten appelliere ich an die ägyptische Regierung, die Christen besser vor Gewalt zu schützen. Solche Übergriffe auf Christen werden auch weiterhin unseren entschiedenen Widerspruch finden.
3. Kreuzurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
Von weltpolitischen Entwicklungen der letzten sechs Monate komme ich nun zu den Themen, die uns als ZdK in der Zeit seit der letzten Vollversammlung im November in Bonn – und in der Nacharbeit dazu – besonders beschäftigt haben.
Vor einigen Wochen revidierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eine Entscheidung von 2009, die europaweit für Unverständnis und erheblichen Protest gesorgt hatte. Der Gerichtshof entschied nun, dass die Kreuze in italienischen Schulen hängen bleiben dürfen. Damit wird ausdrücklich in das Ermessen der für das Bildungswesen zuständigen Mitgliedstaaten gestellt, welchen Raum sie der Religion in der schulischen Bildung geben möchten. Mit dieser Entscheidung wird die kulturelle und religiöse Vielfalt Europas anerkannt.
Als ZdK freut uns das Urteil auch, weil wir uns – auf Anregung aus der Vollversammlung – gemeinsam mit mehreren europäischen Partnern mit einer Drittintervention am Verfahren in Straßburg beteiligt hatten. Zentrale Elemente unserer Argumentation fanden beim Europäischen Menschengerichtshof Gehör und sind auch im Urteil aufgeführt. Das ist ein Erfolg unseres Engagements und des politischen Katholizismus, dem wir uns verpflichtet wissen!
4. Ernährungskrise
Das ZdK hat mit seinem thematischen Schwerpunkt zur Ernährungskrise in der letzten Vollversammlung einen wichtigen politischen Handlungsimpuls gesetzt. Unsere Forderung, endlich die Bekämpfung des Hungers in der Welt in den Fokus der Krisenbewältigung zu stellen, wurde inzwischen politisch an unterschiedlichen Stellen aufgegriffen, insbesondere auf dem internationalen Agrarministergipfel im Januar in Berlin. Zur Verbesserung der weltweiten Ernährungslage und zur Eingrenzung extremer Preisschwankungen soll nun auf dem Agrarministergipfel der G-20 im Juni in Paris ein Aktionsplan mit konkreten, schnellen und wirksamen Maßnahmen vereinbart werden. Als ZdK unterstützen wir diese Initiative sehr, insbesondere auch das Engagement von Bundesministerin Ilse Aigner für eine stärkere Regulierung und eine höhe Transparenz der Nahrungsmittelmärkte.
Wir werden mit Blick auf die bevorstehende Reform der Europäischen Agrarpolitik am Ball bleiben. Nur wenn wir den weltweiten Hunger nachhaltig bekämpfen, hat die globalisierte Welt eine Chance auf Zukunft in Frieden!
5. PID
Im November 2010 haben wir uns in der Vollversammlung für ein vollständiges Verbot der PID ausgesprochen. Die Entscheidung im Deutschen Bundestag steht in einigen Wochen an. In der Zeit seit November wurden drei Gesetzentwürfe ausgearbeitet, von denen einer – unterstützt von zahlreichen Abgeordneten auch aus unseren Reihen – unsere Position aufgreift. Ich danke allen Abgeordneten, die diesen Antrag unterschrieben haben.
Als ZdK haben wir alle Mitglieder des Bundestags und weitere mit der Frage befasste Personen wie zum Beispiel die Mitglieder des Deutschen Ethikrates über unsere Haltung informiert. Auch viele Mitglieder der Vollversammlung haben daran mitgewirkt, indem sie sich als Verbände und Organisationen, als Räte oder als Bürgerinnen und Bürger dieses Landes an ihre Abgeordneten vor Ort gewandt und für ein komplettes PID-Verbot geworben haben. Ich danke allen, die sich hier nach ihren Möglichkeiten eingebracht haben. Auch dies ist ein Beispiel für unser politisches Agieren und für unsere Kampagnenfähigkeit.
Auch wenn das politische Ergebnis noch nicht vorliegt, ist doch in den letzten Monaten eine deutliche Entwicklung zu erkennen, dass offenbar viele Abgeordnete und gesellschaftliche Meinungsführer nachdenklich gegenüber den Heilsversprechen der PID geworden sind. Unterstrichen wird dies vom gespaltenen Votum des Deutschen Ethikrates.
Bemerkenswert ist den Debatten der letzten Monate auch folgendes: Es gibt einen Zugang zum PID-Verbot nicht nur aus der Motivation zum Schutz des ungeborenen Lebens, sondern auch um die Diskriminierung Behinderter oder die Instrumentalisierung von Frauen zu vermeiden. Für uns heißt das auch: Um politisch erfolgreich, also strategisch mehrheitsfähig zu sein, müssen wir – nicht nur in dieser Frage – den Schulterschluss mit anderen gesellschaftlichen und politischen Kräften suchen. Hier müssen wir kritisch auch mit manchen Berührungsängsten umgehen.
Aus dem Deutschen Ethikrat bin ich auf einen weiteren wichtigen Punkt für den politischen Fortgang aufmerksam gemacht worden. Es ist von einem rechtlichen Anpassungsdruck auszugehen, wenn mit der bedingten Zulassung der PID der Ausnahmetatbestand erst einmal geschaffen sein sollte. Über die vorliegenden Gesetzentwürfe hinaus wären neben Anpassungen des Embryonenschutzgesetzes Änderungen hinaus auch im Stammzellgesetz und im Gendiag-nostikgesetz zu erwarten. Und das heißt für uns, ganz gleich wie die Entscheidung im Bundestag ausfällt, wachsam und handlungsfähig zu bleiben. Ich bitte Sie, in den verbleibenden Wochen vor der Entscheidung des Bundestages Ende Juni weiterhin in Ihrem Umfeld Gelegenheiten zur Überzeugungsarbeit zu nutzen, insbesondere gegenüber noch unentschiedenen Abgeordneten. Denn in unserer Erklärung vom 19.11.201 haben wir klargestellt: "PID bedeutet Tötung von Embryonen allein wegen ihrer genetischen Eigenschaften und damit eine dramatische Diskriminierung insbesondere behinderten menschlichen Lebens."
6. Kirche in der Welt
Abschließend will ich zu diesen ethischen Fragen betonen, dass sie in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit und intensiver als in den meisten anderen Ländern diskutiert werden. (Davon zeugen auch jüngste Entwicklungen in der Bundesärztekammer, die hoffen lassen, dass es beim Deutschen Ärztetag keine berufsrechtliche Liberalisierung einer ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung geben wird.)
Die große Ernsthaftigkeit im Umgang mit ethischen Fragen hat sehr viel mit den Kirchen und der Rolle der Christen zu tun, die heute politisch Verantwortung tragen und von der kirchlichen Arbeit geprägt wurden.
Wenn Papst Benedikt XVI. im September unser Land besuchen wird, dann kommt er in ein Land, das nachhaltig vom gesellschaftlichen und politischen Engagement von Christinnen und Christen geprägt wurde und wird. Er wird in Deutschland auf eine Kirche treffen, deren Markenzeichen ein stabiles diakonisches Engagement in Gesellschaft und Politik ist. Dazu gehört auch die öffentliche Artikulation von Standpunkten. Dies gilt genauso für innerkirchliche Angelegenheiten. Einige Beiträge engagierter Katholikinnen und Katholiken aus den letzten Monaten werden von manchen als Beleg innerkirchlicher Zerrissenheit gelesen. Ich verstehe sie hingegen als Bausteine eines sich entfaltenden Dialogs. Stellvertretend für viele, die daran schon beteiligt waren und noch sein werden, möchte ich einen Beitrag unseres Mitglieds Prof. Hans Joas hervorheben, der dem Theologenmemorandum "Kirche 2011" und den Reaktionen darauf als Soziologe wertvolle neue Aspekte abgewonnen hat. (Den Artikel haben wir Ihren Unterlagen beigefügt.)
Ein weiteres Missverständnis liegt in der scheinbaren Alternative zwischen geistlicher und struktureller Erneuerung der Kirche. Das eine wird ohne das andere nicht zu haben sein – zusammen kann es der neue Aufbruch werden, der auch den Katholikentag im kommenden Jahr auszeichnen soll. Schon in der letzten Vollversammlung hat Prof. Lob-Hüdepohl mit Alfred Delp eindrücklich vorgestellt, worum es uns geht: Den Geist nicht auslöschen und die Welt nicht freiwillig räumen.
Ich wünsche mir, dass wir in dieser Vollversammlung in diesem Geist auch un-tereinander zur Zukunft der Arbeitswelt, zum Einsatz unserer Brüder und Schwestern in Südafrika gegen Aids, zum Dialogprozess in unserer Kirche und zu den nächsten Schritten in der Ökumene im Gespräch sind, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Folgt Textteil zum Thema Dialogprozess nach 14.00 Uhr)
Alois Glück Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken