Zukunft der Arbeit und Zukunft der Bildung – Wege aus dem Fachkräftemangel

Potenziale heben, Wege bahnen, Gesellschaft gestalten

Positionspapier des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

Einleitung 
Fachkräftemangel als gesellschaftliche Herausforderung und sozialethischer Prüfstein

Der Fachkräftemangel zählt zu den größten gesellschaftlichen  Herausforderungen unserer Zeit. Was zunächst als Problem einzelner Branchen  erschien, betrifft mittlerweile nahezu alle Lebensbereiche: Wirtschaft, Bildung,  flege, öffentliche Daseinsvorsorge – und damit auch den gesellschaftlichen  Zusammenhalt insgesamt. Prognosen zeigen, dass in den kommenden Jahren eine große Zahl von Erwerbstätigen in den Ruhestand gehen wird, während  gleichzeitig qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Diese Entwicklung gefährdet  nicht nur wirtschaftliches Wachstum, sondern auch die Funktionsfähigkeit sozialer Sicherungssysteme und die Umsetzung zentraler Zukunftsprojekte.

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es dazu treffend: „Die Sicherung der Fachkräftebasis ist ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes. Deshalb ziehen wir alle Register, damit Fachkräftesicherung in den nächsten Jahren gelingt.“

Der zunehmende Fachkräftemangel macht deutlich, dass Arbeit nicht allein als wirtschaftlicher Faktor verstanden werden darf. Fachkräftesicherung ist mehr als das Besetzen offener Stellen – sie ist eine Frage der Gerechtigkeit, Teilhabe und sozialen Verantwortung. Für das ZdK ist sie ein sozialethischer Prüfstein, der eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung über die Bedingungen guter Arbeit und die Anerkennung unterschiedlicher Lebensrealitäten erfordert. Talente erkennen, Chancen eröffnen und Teilhabe ermöglichen – das muss der Anspruch einer zukunftsfähigen Arbeitswelt sein.

Mit unseren zehn Handlungsempfehlungen geben wir als ZdK Impulse für eine Arbeits- und Bildungspolitik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, soziale Gerechtigkeit stärkt und das Gemeinwohl sichert. Der Fachkräftemangel fordert uns heraus, Arbeit, Bildung und gesellschaftliche Teilhabe neu und verantwortungsvoll zu gestalten – im Geiste der Solidarität, der Würde und des Miteinanders. Dabei gilt: Gleichberechtigung ist kein Randthema, sondern Voraussetzung für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Chancengleichheit und gleiche Rechte für Frauen und Männer sind unverzichtbar für eine gerechte und zukunftsfähige Gesellschaft. Denn Geschlechtergerechtigkeit sichert soziale, wirtschaftliche und demokratische Stabilität.


1. Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften erleichtern

Die Rekrutierung von Fach- und Arbeitskräften im Ausland ist unverzichtbar, um die Herausforderungen in Pflege, Handwerk, Gastronomie, Logistik, Bildung, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zu bewältigen. Dennoch erschweren langwierige Visa-Verfahren für Nicht-EU-Bürger, komplizierte Anerkennungsprozesse, sprachliche Hürden und unklare Zuständigkeiten die Einreise und die Integration in dem Arbeitsmarkt erheblich. Damit Einwanderung gelingt, braucht es (gesetzliche) Reformen, die Verfahren beschleunigen, Arbeitgeber stärker einbinden und berufsnahe Sprachförderung ermöglichen. Anerkennungsverfahren müssen transparenter und praxisnäher werden, um vorhandene Qualifikationen besser nutzbar zu machen. Integration darf nicht auf den Arbeitsplatz beschränkt bleiben: Familiennachzug, Wohnraum, Kinderbetreuung und soziale Netzwerke sind zentrale Faktoren für ein gutes Ankommen. Zugleich ist bei der Anwerbung von Fachpersonal aus dem Ausland darauf zu achten, negative Effekte auf die Herkunftsländer – etwa durch brain drain oder care drain – möglichst zu vermeiden bzw. stark zu begrenzen. Das ZdK fordert eine Einwanderungspolitik, die Zuwanderung als Bereicherung begreift und Integration als gemeinsamen Prozess gestaltet – getragen von Willkommenskultur, Respekt und gesellschaftlicher Teilhabe. 
Gleichzeitig setzt sich das ZdK dafür ein, faire und partnerschaftliche Migrationsmodelle zu fördern – etwa durch transnationale Ausbildungspartnerschaften und enge Kooperationen mit Herkunftsländern, die beiden Seiten zugutekommen.

 

2. Teilhabe Geflüchteter am Arbeitsmarkt verbessern

Die Integration von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt hat in den letzten Jahren spürbare Fortschritte gemacht. Viele finden zunächst Beschäftigung in Bereichen mit niedrigen Einstiegshürden und wechseln mit der Zeit zunehmend in qualifiziertere Tätigkeiten. Ihr Beitrag ist in zahlreichen Branchen, insbesondere in Bereichen mit akutem Fachkräftebedarf, bereits heute unverzichtbar.

Es bestehen weiterhin erhebliche Hürden: Sprachbarrieren, komplizierte Anerkennungsverfahren, rechtliche Unsicherheiten oder strukturelle Diskriminierung.

Besonders schwierig ist es, wenn Geduldete die Voraussetzungen für ein Bleiberecht (noch) nicht erfüllen und ausreisen müssen bzw. abgeschoben werden sollen, selbst wenn sie bereits integriert sind, eine Wohnung haben und eine Arbeit oder ein konkretes Arbeitsangebot vorliegt. Diese Regelungen unterbrechen Integrationsprozesse und gefährdet bestehende Beschäftigungen.

Das ZdK fordert eine Politik, die die frühzeitige und nachhaltige Integration aller Geflüchteten in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Gesetzliche Spielräume für den Arbeitsmarktzugang müssen konsequent genutzt und ausgebaut sowie die Möglichkeiten beruflicher (Weiter-)Qualifizierung verbessert werden. Für Personen mit Duldung, die bereits integriert sind und über Arbeit oder ein konkretes Arbeitsangebot verfügen, sollte die Gewährung eines Bleiberechts erleichtert und zum Regelfall werden. Integration von Geflüchteten ist nicht nur wirtschaftlich geboten, sondern Ausdruck sozialer Gerechtigkeit und Grundlage einer vielfältigen, solidarischen Gesellschaft.

 

3. Arbeitslosigkeit verhindern – Potenziale durch gezielten Übergang nutzen

Der deutsche Arbeitsmarkt ist geprägt von einer deutlichen Diskrepanz zwischen unbesetzten Stellen und arbeitslosen Menschen. Diese strukturelle Herausforderung erfordert ein Umdenken: Arbeitslosigkeit darf nicht nur verwaltet, sondern muss aktiv verhindert werden. Durch Transfergesellschaften und regionale Arbeitsmarktdrehscheiben können Beschäftigte frühzeitig in neue Tätigkeiten vermittelt werden, bevor Arbeitslosigkeit eintritt. Individuelle Beratung und gezielte Qualifizierungsangebote sichern die Beschäftigungsfähigkeit und ermöglichen nachhaltige Übergänge. Dabei müssen soziale und persönliche Bedürfnisse berücksichtigt werden.

Das ZdK plädiert für eine Arbeitsmarktpolitik, die auf Prävention setzt, vorhandene Potenziale stärkt und durch enge Kooperation zwischen Unternehmen, Arbeitsagenturen und sozialen Trägern eine inklusive und zukunftsfähige Arbeitswelt gestaltet.
 

4. Langzeitarbeitslose besser fördern

Trotz eines insgesamt stabilen Arbeitsmarktes bleibt Langzeitarbeitslosigkeit eine zentrale sozialpolitische Herausforderung. Besonders ältere Menschen und Personen ohne formale Qualifizierung haben geringere Chancen auf eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Langzeitarbeitslosigkeit ist selten ein Zeichen von Arbeitsunwilligkeit, sondern oft Folge gesundheitlicher  Einschränkungen, fehlender Qualifikationen oder belastender Lebensumstände. Deshalb braucht es gezielte und gut ausgestattete arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die individuelle Lebenslagen berücksichtigen.

Das ZdK spricht sich für eine dauerhaft ausreichende Finanzierung aktiver Arbeitsmarktpolitik und der Jobcenter aus, so dass auch der Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigungsangebote mit verbindlicher sozialpädagogischer Begleitung sowie niedrigschwellige, praxisnahe Qualifizierungsangebote gesichert sind. Langzeitarbeitslosigkeit darf nicht vorrangig als individuelles Scheitern  gebrandmarkt, sondern ihre Bekämpfung muss als gemeinsame, gesellschaftliche Aufgabe verstanden werden, bei der Würde, Anerkennung und Förderung im Mittelpunkt stehen.

 

5. Weiterqualifizierung garantieren – Lernen als Schlüssel zur Zukunft

Eine starke Weiterbildungskultur ist entscheidend, um den Fachkräftemangel zu bewältigen und den Wandel der Arbeitswelt aktiv zu gestalten. Trotz vieler Initiativen bleibt die Beteiligung an Weiterbildung in Deutschland hinter den Möglichkeiten zurück. Strukturelle Hürden verhindern oft eine gerechte Teilhabe. Weiterbildung muss deshalb für alle zugänglich und attraktiv gestaltet werden. Bildungsteilzeit mit Lohnfortzahlung, ein Qualifizierungsgeld und ein verbindlicher Rechtsanspruch auf berufliche Weiterbildung sind zentrale Instrumente. Darüber hinaus braucht es individuelle Beratung, partizipative Lernformate und eine Unternehmenskultur, die Lernen als gemeinsame Aufgabe versteht.

Das ZdK setzt sich für eine umfassende Förderung von lebenslangem Lernen ein, damit Menschen unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialem Status ihre Potenziale entwickeln und die Zukunft der Arbeitswelt aktiv mitgestalten können.

 

6. Kompetenzen älterer Arbeitnehmer*innen im Arbeitsmarkt erhalten

Erfahrung, Wissen und Verlässlichkeit älterer Arbeitnehmer*innen sind unverzichtbar für eine stabile und zukunftsfähige Arbeitswelt. Dennoch erleben viele Ältere einen schleichenden Ausschluss aus Arbeits- und Lernprozessen. Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel erfordern neue Wege, um die Kompetenzen älterer Menschen gezielt zu erhalten und ggf. zu fördern. 
Schutzrechte dürfen nicht entmündigen. Flexible Übergänge in den Ruhestand, altersgerechte Arbeitsbedingungen und gezielte Weiterbildungsangebote sind essenziell. Die freiwillige Weiterarbeit über das Rentenalter hinaus ist sinnvoll zu unterstützen. Die geplanten steuerlichen Freistellungen für die Weiterarbeit sind dafür sehr hilfreich.

Sichtbare und latente Diskriminierungen von älteren Arbeiternehmer*innen sind bewusst in den Blick zu nehmen, um Altersvorurteile gezielt abzubauen.

Das ZdK fordert, ältere Arbeitnehmer*innen als wertvolle Ressource stärker anzuerkennen, ihre Erfahrungen und Fähigkeiten in Betrieben sichtbar zu machen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, diese aktiv und selbstbestimmt einzubringen – für eine solidarische und nachhaltige Arbeitswelt.

 

7. Schulabschlüsse und Ausbildung für alle jungen Menschen

Bildung ist der Schlüssel zu Teilhabe, Selbstbestimmung und beruflicher Entfaltung. Dennoch bleiben in Deutschland zu viele junge Menschen ohne Abschluss oder Ausbildung – oft bedingt durch Armut oder gebrochene Bildungsbiografien. Schulen müssen besser darin unterstützt werden, alle Jugendlichen zu einem Abschluss zu führen. Eine frühzeitige, kontinuierliche  Berufsorientierung sowie praxisnahes, handlungsorientiertes Lernen sind dafür unerlässlich. Gleichzeitig müssen mehr Betriebe ausbilden, wozu Anreize und eine neue Wertschätzung der beruflichen Ausbildung nötig sind. Außerschulische Bildung muss dabei konsequent als integraler Bestandteil von Bildung verstanden werden – über alle Lebensphasen hinweg. Ihre Anerkennung und Förderung sind in allen Lern- und Lebensbereichen notwendig, um Bildungsgerechtigkeit zu stärken und die dort erworbenen Kompetenzen sicht- und nutzbar zu machen. Gerade junge Menschen mit schwierigen Startbedingungen brauchen eine engmaschige Begleitung auf ihrem Weg in Ausbildung und Beruf.

Das ZdK fordert eine umfassende Bildungswende, die niemanden zurücklässt, Bildungsbiografien vielfältig denkt und individuelle Förderungen ermöglicht – denn echte Fachkräftesicherung beginnt mit guter Bildung für alle. Alle jungen Menschen haben ein Recht auf Ausbildung und Teilhabe.

 

8. Raus aus den Teilzeitfallen – Rahmenbedingungen für Erwerbs- und Care-Arbeit sowie Zeit für ehrenamtliches Engagement gerecht gestalten

Viele Frauen arbeiten in Teilzeit, weil Betreuungs- und Pflegeangebote sowie flexible Arbeitszeitmodelle fehlen. Diese Strukturen erschweren nicht nur die gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt, sondern führen auch zu Einkommens- und Rentennachteilen. Gleichzeitig bleibt wertvolles Fachkräftepotenzial und die Teilhabe an ehrenamtlichem Engagement ungenutzt.

Das ZdK fordert deshalb umfassende Reformen: Neben dem Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit und dem Ausbau flexibler Arbeitszeitmodelle braucht es vor allem neue Lebensarbeitszeitkonzepte. Modelle wie „atmende Lebensläufe“ oder ein „Optionszeitenmodell“ ermöglichen es, Erwerbs- und Care-Arbeit über den Lebensverlauf hinweg flexibel zu gestalten. Lohnersatzleistungen, Rentenpunkte für Care-Zeiten und gezielte Entlastungen sollen für alle Geschlechter echte Wahlfreiheit schaffen. Eine moderne Arbeitsgesellschaft muss Care- und Erwerbsarbeit gleichwertig anerkennen und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung vollständig überwinden.
 

9. Potenziale und Risiken der KI und Digitalisierung sehen

Künstliche Intelligenz verändert Teile der Arbeitswelt grundlegend und bietet Chancen, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Sie kann Arbeitsprozesse effizienter gestalten, Menschen entlasten und neue berufliche Möglichkeiten schaffen. Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an Qualifikation und Arbeitsgestaltung. Diese Entwicklungen sind jedoch nicht automatisch gerecht oder human. Es braucht klare ethische Leitlinien, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Technologie darf nicht Selbstzweck sein. Damit alle Menschen vom digitalen Wandel profitieren können, müssen unterschiedliche Lebensrealitäten und gesellschaftliche Positionierungen – etwa entlang von Alter, Geschlecht, Herkunft, sozialem und finanziellen Hintergrund oder Behinderung – von Anfang an mitgedacht werden. Soziale Teilhabe ist zu sichern, auch für jene, die durch bestehende Strukturen bislang benachteiligt wurden.

Das ZdK spricht sich für eine `menschenzentrierte´ Digitalisierung, die Beteiligung, Transparenz und Gerechtigkeit gewährleistet. KI muss gesellschaftlichem Zusammenhalt dienen und neue Formen guter Arbeit ermöglichen. Entscheidend ist nicht das technisch Machbare, sondern das menschlich Notwendige.

 

10. Die Würde der Arbeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt

Arbeit ist weit mehr als ein Mittel zur wirtschaftlichen Produktion. Sie ist Ausdruck von Würde, ermöglicht Teilhabe und Selbstverwirklichung. In Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es: „Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.“ Der Wert der Arbeit bemisst sich nicht allein an ihrer Verwertbarkeit – das betont die christliche Sozialethik. Deshalb schrieb Johannes Paul II.: „Zweck jeder Arbeit bleibt immer der Mensch selbst“ (Laborem exercens, 6). Und Papst Benedikt XVI. ergänzte: Gute Arbeit müsse „die Existenz sichern, die Persönlichkeit entfalten und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen“ (Caritas in veritate, 63).

Diese Überzeugung gewinnt angesichts von Digitalisierung, Fachkräftemangel und wachsender sozialer Ungleichheit neue Aktualität. Die Deutsche Bischofskonferenz hebt deshalb hervor: „Die Würde der Arbeit und des arbeitenden Menschen ist untrennbar miteinander verbunden. Gute Arbeit ist die Voraussetzung für Anerkennung, Selbstachtung und soziale Integration.“ (Die versöhnende Kraft der Arbeit, S. 17). Besonders in Sektoren mit prekären Bedingungen und hoher Belastung – etwa Pflege, Logistik, Reinigung, Gastronomie oder Leiharbeit – ist dieser Anspruch zentral.

Bereits im Beschluss „Arbeitswelt im Umbruch“ hat das ZdK betont: „Arbeit ist nicht nur Erwerbsarbeit. Sie ist wesentlich für soziale Bindung, Sinnstiftung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“ Dieser Anspruch bleibt gültig. Die Gestaltung einer gerechten, zukunftsfähigen Arbeitswelt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Das ZdK setzt sich dafür ein, dass die Arbeit der Zukunft dem Menschen dient. Politik. Wirtschaft und alle Akteure am Arbeitsmarkt sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen Menschen ihre Fähigkeiten entfalten, sich einbringen und Anerkennung erfahren können. Jeder Mensch hat das Recht, durch sinnvolle und faire Arbeit zur Gesellschaft beizutragen – unabhängig von Herkunft, Alter oder Lebenssituation. Eine solche Arbeitswelt basiert auf Zusammenhalt, Mitbestimmung, gegenseitiger Verantwortung und einer Kultur des Respekts. Sie fördert Eigeninitiative, ermöglicht Mitgestaltung und bietet Unterstützung, wo sie gebraucht wird. Arbeit muss auf das Wohl der ganzen Gesellschaft ausgerichtet sein – heute und mit Blick auf kommende Generationen. Eine zukunftsfähige Arbeitswelt trägt damit nicht nur zur Fachkräftesicherung bei, sondern stärkt auch Solidarität, Gerechtigkeit und Zusammenhalt.

Ausblick: Fachkräftesicherung braucht Haltung – und gemeinsames Handeln

Der Koalitionsvertrag greift zentrale Herausforderungen der Fachkräftesicherung auf und benennt eine Reihe von Maßnahmen, die das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ausdrücklich begrüßt. Dazu zählen unter anderem weitere Verbesserungen bei der Fachkräfteeinwanderung, Lockerungen beim Arbeitsmarktzugang von Asylbewerber*innen, der Ausbau der Erwerbsbeteiligung sowie unterstützende Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese Ansätze zeigen, dass das Thema in seiner gesellschaftlichen Relevanz erkannt wurde.

Als ZdK betonen wir aber: Fachkräftesicherung ist mehr als ein arbeitsmarktpolitisches Handlungsfeld. Sie stellt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar, die eine gemeinsame Haltung und ein breites Verantwortungsbewusstsein voraussetzt. Es braucht eine Kultur, in der Arbeit als Ort von Teilhabe, Sinn und Würde verstanden wird – nicht allein als Mittel zur Steigerung von Produktivität. Eine solche Haltung erkennt auch jene Arbeitsbereiche an, die häufig wenig sichtbar sind, aber für das Gemeinwohl unverzichtbar bleiben.

Fachkräftesicherung gelingt nur in einer Gesellschaft, die Vielfalt anerkennt, Lebenslagen berücksichtigt und bereit ist, strukturelle Ungleichheiten zu überwinden. Sie erfordert ein Grundverständnis, das auf Anerkennung, Solidarität und Teilhabe basiert – auch angesichts prekärer Verhältnisse. In diesem Sinne ist der Fachkräftemangel Prüfstein für die soziale  Gerechtigkeit und das demokratische Selbstverständnis unserer Gesellschaft.

Erklärung “Potenziale heben, Wege bahnen, Gesellschaft gestalten” als PDF

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