Synodaler Weg – Leitantrag des Präsidiums

im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) - es gilt das gesprochene Wort

1. Aktuelle Entwicklung

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich in ihrer Vollversammlung in Lingen vom 10. bis 12. März 2019 mit 62 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen für einen gemeinsam mit dem ZdK durchzuführenden „Synodalen Weg“ zur Befassung mit drei Themenkomplexen in Konsequenz der strukturellen Veränderungen als Ergebnis der MHG-Studie zum Missbrauch im Raum der Kirche entschieden.

Kardinal Reinhard Marx sagte in seiner Pressekonferenz zum Abschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Lingen nach telefonischer Abstimmung mit dem Präsidenten des ZdK am 11. März 2019:

„Die Missbrauchsstudie und in ihrer Folge die Forderung Vieler nach Reformen zeigen: Die Kirche in Deutschland erlebt eine Zäsur. Der Glaube kann nur wachsen und tiefer werden, wenn wir frei werden von Blockierungen des Denkens, der freien und offenen Debatte und der Fähigkeit, neue Positionen zu beziehen und neue Wege zu gehen.

Die Kirche braucht ein synodales Voranschreiten. Papst Franziskus macht dazu Mut. Und wir

fangen nicht am Nullpunkt an. Die Würzburger Synode (1972 bis 1975) und auch der

Gesprächsprozess der vergangenen Jahre haben den Boden bereitet, auch für viele

Herausforderungen von heute. Einstimmig haben wir beschlossen, einen verbindlichen

synodalen Weg als Kirche in Deutschland zu gehen, der eine strukturierte Debatte ermöglicht und in einem verabredeten Zeitraum stattfindet und zwar gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Wir werden Formate für offene Debatten schaffen und uns an Verfahren binden, die eine verantwortliche Teilhabe von Frauen und Männern aus unseren Bistümern ermöglichen. Wir wollen eine hörende Kirche sein. Wir brauchen den Rat von Menschen außerhalb der Kirche.

Daher benenne ich die drei Punkte, die beim Studientag eine Rolle spielten und um die es gehen wird:  […] Geeignete Formate zur Klärung von Neuausrichtung und Veränderung werden wir in diesem Jahr bei der Vorbereitung des synodalen Prozesses suchen. Dazu gehören bereits jetzt auf der Vollversammlung verabredete Foren, die sich den zuvor genannten drei Punkten widmen werden:

  • Das Forum „Macht, Partizipation, Gewaltenteilung“,
  • das Forum „Sexualmoral“
  • und das Forum „Priesterliche Lebensform“.

Einen Zwischenbericht werden wir bei einer Konferenz am 13. und 14. September 2019 in einer gemeinsamen Zusammenkunft von Bischöfen, Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und weiterer Personen geben. Bis dann werden auch Zeitpunkt und Dauer der strukturierten Debatten klar sein.

2. Die Reaktion des ZdK

Präsident Thomas Sternberg, der zu Teilen der DBK-Vollversammlung eingeladen war, hat in einer Pressemeldung vom 14. März 2019 auf diesen Beschluss positiv reagiert, aber zugleich eine Bedingung angegeben:

„Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, begrüßt den einstimmigen Beschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Lingen, gemeinsam mit dem ZdK einen synodalen Prozess zu den Fragen nach dem Umgang mit Macht in der Kirche, nach der Zukunft der priesterlichen Lebensformen und der Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral durchzuführen.

Wir stehen bereit, mit den Bischöfen in der Gemeinsamen Konferenz und der Tagung im September dieses Jahres, die Vorbereitung zügig voranzubringen, wenn der Wille zu wirklicher Veränderung erkennbar wird. Ich danke dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Marx, und allen Bischöfen für die Bereitschaft einen verfassten, transparenten und verbindlichen Prozess unter Mitverantwortung der Laien zu beginnen, die Ergebnisse in der Kirche in Deutschland umzusetzen und weitere Themen gegebenenfalls in Rom gemeinschaftlich vorzutragen.“

Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung vom 22. März 2019 das Thema unter dem TOP 4. „Entschlossenes gemeinsames Handeln jetzt! – zur Nach- und Weiterarbeit im Sinne des Beschlusses der Vollversammlung und zum Vorschlag der Deutschen Bischofskonferenz zu einem ‚Synodalen Weg‘“ beraten und folgenden Beschluss gefasst:

In die Foren des „Synodalen Wegs“ sollen Personen zur Vorbereitung eines verbindlichen Formats der entscheidungsbezogenen Zusammenarbeit berufen werden. Es soll keine Doppelstrukturen im Hinblick auf die Gemeinsame Konferenz geben, vielmehr ist eine Klärung erforderlich, wie die Prozesse rund um den „Synodalen Weg“ mit der Gemeinsamen Konferenz zusammenhängen. An diesem Prozess soll sich das ZdK gleichberechtigt auf Augenhöhe beteiligen. Die Geschäftsordnung muss gemeinsam von ZdK und DBK erarbeitet werden.

3. Der Kontext

Die aktuellen Pläne zu einem „Synodalen Weg“ stehen in einem umfangreichen Kontext, an den hier exemplarisch erinnert werden soll.

- Im Abschlussbericht des überdiözesanen Gesprächsprozesses „Im Heute glauben“ 2011-2015 hieß es: „Wie aber kann der begonnene Prozess des Dialogs fortgeführt werden? Wie können Verlässlichkeit und Verbindlichkeit sichergestellt und ein strukturiertes Miteinander künftig gewährleistet werden? […] Unser Weg als Kirche kann erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Verkrustungen aufzubrechen, die das kirchliche Leben auf allen Ebenen durchziehen, und die Energie und die Potenziale freizusetzen, die es in unserer Kirche auch heute in reichem Maße gibt. […] die Schätze, mit denen ein neuer Aufbruch in der Kirche gelingen kann.“

- Im November 2016 beschloss die ZdK-Vollversammlung die Erklärung „Synodalität. Strukturprinzip kirchlichen Handelns“ und formulierte, Synodalität sei „als eine Grundhaltung bei Beratungen sowie in Entscheidungsprozessen zu betrachten“, die „ergebnisoffen“ und „kommunikativ“ unter Einbezug des Glaubenssinns aller Glaubenden (sensus fidelium) „im Rahmen der Gegebenheiten nach der besten pastoralen Praxis sucht“;

- Der Beschluss der ZdK-Vollversammlung „Entschlossenes gemeinsamem Handeln, jetzt!“ vom November 2018 hält fest: „Nur ein Aufbrechen von Machtstrukturen wird zu einer notwendigen und grundlegenden innerkirchlichen Reform führen. Der mehrjährige Gesprächsprozess ‘Im Heute glauben‘ hat leider bisher nicht zu notwendigen Veränderungen und entsprechenden Konsequenzen geführt. […] Das ZdK ist bereit, sich in den notwendigen Reformprozessen engagiert einzubringen. Eine Besänftigungs- und Beschäftigungstherapie für das Volk Gottes ist jedoch nicht angesagt.“

- Dieser Beschluss als ganzer ist die Grundlage einer Beteiligung des ZdK am „Synodalen Weg“. Exemplarisch sei erinnert an die Kernforderungen:

  • Trennung von Exekutive und Judikative im Kirchenrecht. Wir fordern eine unabhängige kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit für den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz.
  • Um eine umfassende Transparenz zu schaffen und der von Papst Franziskus beschriebenen Klerikalisierung entgegenzuwirken ist eine gleichberechtigte Teilhabe von Laien und Geweihten an Leitung von Kirche zu schaffen.
  • Frauen und Männer in Kirche gleich zu stellen und daher Frauen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern zu gewähren.
  • Sich aktiv dafür einzusetzen, den Pflichtzölibat abzuschaffen.
  • In der kirchlichen Sexualmoral die vielfältigen Lebensformen und Lebenswirklichkeiten positiv anzuerkennen.
  • Entwicklung einheitlicher Standards bei der Ausbildung für den priesterlichen Dienst auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz.
  • die Verantwortung und Entscheidungskompetenz aller Getauften und Geweihten auf allen Ebenen für die Kirche zu verwirklichen.

4. Zum Zeitablauf

Nach Beratungen im Präsidium und im Hauptausschuss hat das Präsidium ZdK-Mitglieder für die Foren benannt. Zwischenzeitlich hat die Arbeit in den Foren begonnen bzw. erste Termine sind festgelegt.

Aus dem ZdK wirken derzeit in den Foren mit bzw. sind angefragt (in der Startphase ist manches noch im Fluss):

Forum Macht/Partizipation/Gewaltenteilung:

Dr. Christoph Braß, Luisa Fischer, Dr. Claudia Lücking-Michel, Prof. Dr. Thomas Söding

Forum Sexualmoral:

Thomas Andonie, Wolfgang Klose, Lisi Maier, Birgit Mock, Dr. Irme Stetter-Karp

Forum Priesterliche Lebensform:

Ursula Becker, Stephan Buttgereit, Michaela Labudda, Prof. Dr. Joachim Söder

Für die noch einzurichtende oberste Leitungs- bzw. Steuerungsgruppe des „Synodalen Weges“ sind Präsident Thomas Sternberg und Vizepräsidentin Karin Kortmann vorgesehen.

Die jetzige Phase ist als eine Vorphase des „Synodalen Weges“ zu verstehen.

Die Kompetenzen, Zuständigkeiten, Rollenverständnisse und Entscheidungsbefugnisse sowie die Geschäftsordnung und der kirchenrechtliche Status des „Synodalen Weges“ sind bislang noch nicht geklärt. Das „Design“ des „Synodalen Weges“ ist Gegenstand weiterer Beratungen, wobei es Konsens ist, dass der „Synodale Weg“ aus mehreren größeren Versammlungen, zwischenzeitlichen Hearings, einem Zeitrahmen von etwa zwei Jahren und einem öffentlichen, transparenten, partizipativem und ergebnisbezogenen Verlauf bestehen soll.

Die gemeinsame Durchführung mit dem ZdK ist zugesagt. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Arbeitsebene ist eingerichtet. Sie soll Vorschläge für den Modus des synodalen Prozesses, den Zeitplan, die Sicherung gleichberechtigter Entscheidungskompetenzen auf allen Ebenen und einer Verbindlichkeit der Ergebnisse machen sowie in der aktuellen Startphase die Ungleichzeitigkeiten paralleler Prozesse einfangen.

Die ersten Schritte waren und nächsten Schritte sind:

16. April: Gespräch zwischen DBK und ZdK; erste Eckdaten, Einsetzung einer gemeinsamen  Vorbereitungsgruppe
29. April: Ständiger Rat der DBK
10./11. Mai: ZdK-VV
anschl. Fortsetzung der Vorbereitungsarbeit. Entwicklung einer „Ordnung“, genauerer Zeitplan, inhaltliche und organisatorische Klärungen
24. Juni: Ständiger Rat der DBK, Entgegennahme Zwischenstand (dann fortlaufend)
5. Juli: Gemeinsame Konferenz, Entgegennahme Zwischenstand (dann fortlaufend) und 1. Lesung einer Ordnung, Zeitplan, weitere Klärungen

11./12. Juli: Präsidiums- und Hauptausschusssitzung des ZdK

Entgegennahme Zwischenstand (dann fortlaufend)

13./14. Sept. Erweiterte Gemeinsame Konferenz (Doppelte Mitgliederzahl, d.h. jeweils 20 und 20, erweitert um Gäste, 2. Lesung der Ordnung, Zeitplan, weitere Klärungen)

 

Abschließende Klärungen und Beschlüsse:

23.-26. Sept.: DBK-Vollversammlung
18. Okt.: ZdK-Hauptausschuss
22.-23. Nov.: ZdK-Vollversammlung

Voraussichtlich:
1. Dez./1.Adv. Beginn des „Synodalen Wegs“.

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